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UKL-Ratgeber direkt

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Die Rubrik "Ratgeber" unseres Gesundheitsmagazins "Liebigstraße aktuell" bietet einen Überblick zu verschiedenen Themen aus der Welt der Medizin.​

Weitere interessante Beiträge finden Sie in unserem Archiv​.

Wie kann ich einer Essstörung bei meinem Kind vorbeugen?

Magersucht, Bulimie, Binge-Eating-Störung – die Zahl der Menschen, die ein essgestörtes Verhalten zeigen, steigt seit Jahren an. Wissenschaftlichen Analysen zufolge ist dieses insbesondere unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Eltern sind daher oft die Ersten, die eine Essstörung oder ein Risiko dafür bemerken. Prof. Anja Hilbert​ arbeitet als Psychologin am Universitätsklinikum Leipzig (UKL)​ und beschäftigt sich mit Essstörungen und Adipositas im Kindes- und Erwachsenenalter. Sie rät Eltern​, die eine solche Störung bei ihrem Kind vermuten, genau hinzuschauen und auch ihr eigenes Verhalten und Körperideal zu hinterfragen.​

Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen sind ein ernstzunehmendes Problem: Unbehandelt führen sie zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Umso wichtiger ist es, sagt Prof. Anja Hilbert, eine solche Erkrankung früh zu erkennen und zu verstehen. „Essstörungen sind überdauernde Störungen im Essverhalten oder in einem Verhalten, was auf eine Kontrolle von Figur und Gewicht ausgerichtet ist."

Klassisches Beispiel für eine Essstörung ist die Anorexia nervosa, auch Pubertätsmagersucht genannt. Durch das Untergewicht der Betroffenen ist sie die sichtbarste, aber seltenste Form der Erkrankung: Schätzungen zufolge sind von ihr rund 0,4 Prozent der jungen Frauen betroffen. Weiter verbreitet ist die Ess-Brech-Sucht oder Bulimia nervosa; hier geht man von ca. einem Prozent Betroffenen in der Bevölkerung aus. Die häufigste Essstörung ist die Binge-Eating-Störung, bei der Menschen unkontrolliert große Mengen an Nahrungsmitteln konsumieren, ohne dabei – wie bei der Bulimia nervosa – regelmäßig extreme Maßnahmen zur Gewichtskontrolle wie das selbst herbeigeführte Erbrechen einzusetzen. Hiervon sind zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung betroffen.

Daneben, sagt Prof. Anja Hilbert, kristallisiert sich seit ein paar Jahren eine weitere wichtige Essstörung heraus: die Störung mit Vermeidung und/oder Einschränkung der Nahrungsaufnahme, in der Fachsprache kurz AFRID genannt (Avoidant Restrictive Food Intake Disorder). „Bei dieser Essstörung essen vor allem Kinder über einen langen Zeitraum sehr selektiv oder zu wenig. Anders als bei der Anorexia nervosa erfolgt dies jedoch nicht aus Figur- oder Gewichtsgründen. Andere Kinder mit AFRID haben Angst vor dem Essen, beispielsweise dabei zu ersticken, oder sind sensorisch so empfindlich, dass sie Nahrung nicht im Mund haben mögen."

Charakteristisch für Essstörungen ist, dass sie meist im Jugendalter zutage treten, wobei es in vielen Fällen bereits erste Anzeichen im Kindesalter gibt. ARFID tritt häufig bereits sogar ab dem frühen Kindesalter auf. Auf der Suche nach den Ursachen, sehen sich Prof. Anja Hilbert und ihr Team von der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des UKL mit einer ganzen Reihe von Faktoren konfrontiert: Hier spielen Schlankheitsideale und soziale Medien ebenso eine Rolle wie das Selbstwertgefühl oder Figursorgen des betroffenen Kindes, seine Erbanlagen und sein familiärer Hintergrund. „Essstörungen bewegen sich in Familien. Wenn ein Elternteil zum Beispiel selbst eine Binge-Eating-Störung hat, ist es umso wahrscheinlicher, dass auch eines der Kinder davon betroffen ist. Hinzukommt u. a. gewichtsbezogenes Teasing, das heißt, wenn Menschen, deren Körper nicht dem aktuellen Schlankheitsideal entspricht, dafür kritisiert oder auch diskriminiert werden, kann dies das Risiko von Essstörungen erhöhen."

Vor diesem Hintergrund rät Prof. Anja Hilbert Müttern und Vätern, in Bezug auf Veränderungen im Essverhalten ihrer Kinder aufmerksam zu sein und sich zu fragen: Wie geht es meinem Kind? Was isst es? Hält es strikt Diät? Isst es heimlich oder unkontrolliert? Wenn ja, sagt Prof. Hilbert, können Eltern sich informieren – etwa bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hilfreich sei auch die Patientenleitlinie zur Diagnostik und Therapie von Essstörungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. „Diese enthält ganz klare Tipps, wann man sich zum Beispiel an eine Beratungsstelle für Essstörungen wenden sollte."

Daneben rät die Psychologin Eltern, auch ihr eigenes Essverhalten und Körperideal zu hinterfragen: Essen sie gemeinsam mit ihren Kindern am Tisch? Bereiten sie ihre Nahrungsmittel frisch zu? Genießen sie die gemeinsamen Mahlzeiten oder sind Mahlzeiten durch Streit und Kritik geprägt, weil ein Elternteil andauernd Diät hält und glaubt, der Rest der Familie müsse das auch? Gerade der Genuss sei wichtig, sagt Prof. Anja Hilbert. „Seit der frühesten Kindheit essen wir und haben zumeist schöne, positive Erlebnisse dabei. Solche Erlebnisse zu schaffen, halte ich für eine gesunde Entwicklung für wichtig." Genauso wichtig sei es, ein Kind mit einer Essstörung nicht abzulehnen. Stattdessen sollten Eltern deutlich machen, dass sie es lieben und zu ihm stehen – egal wie es sich entwickelt, wie leicht oder schwer es ist. 

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 12 /23 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.

UKL engagiert sich in der Suizidprävention

Täglich nehmen sich in Deutschland  25 Menschen das Leben, noch weit mehr unternehmen einen Suizidversuch. Leider kommt es manchmal auch in Krankenhäusern, in denen Menschen mit schweren Diagnosen oder schicksalhaften Prognosen konfrontiert sind, zu Suiziden oder Suizidversuchen. Auch wenn dies sehr selten der Fall ist, belasten solche Ereignisse Angehörige und das betreuende Personal sehr stark. Um Suizide von Patient:innen bestmöglich zu vermeiden, hat das Universitätsklinikum Leipzig Ende 2022 eine interne Initiative zur Prävention gestartet.     ​

Krankenhäuser sind Orte, an denen sich viele Menschen in oft extremen Lebenssituationen befinden: nach Diagnosen oder mitten in der Therapie schwerer Erkrankungen, in akuten Notlagen und nach teilweise lebensverändernden Unfällen oder Notfällen. „Bei manchen Menschen löst dies eine akute suizidale Gefährdung aus, die zu Kurzschluss-Reaktionen direkt im Krankenhaus führen kann", erklärt Psychiaterin Prof. Christine Rummel-Kluge, Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz des UKL​ und eine der Initiator:innen der UKL-internen Suizidpräventionskampagne. „Unser Ziel ist es, durch einen offenen Umgang mit dem Thema Suizidalität Mitarbeiter:innen zu sensibilisieren und Patient:innensuizide zu vermeiden", so die Expertin. Diese seien zwar äußerst selten - in den letzten vier Jahren gab es am UKL mit 400.000 Patient:innen jährlich insgesamt drei Fälle-, aber für Angehörige oft besonders schwer zu verstehen und für diese wie auch betreuende Mitarbeiter:innen sehr belastend.

Gleichzeitig belegen Studien, dass Suizide in manchen Fällen vermeidbar wären. „Hier setzt unsere Initiative ‚Suizidprävention' an", beschreibt Rummel-Kluge. „Wir zeigen in internen Schulungen Wege auf, die bei möglichen Verdachtsfällen helfen können."

Häufig haben Menschen mit suizidalen Gedanken psychische Erkrankungen, die noch gar nicht diagnostiziert wurden und somit auch noch nicht behandelt werden konnten. Es sei daher wichtig, überhaupt zu erkennen, dass ein Patient oder eine Patientin Suizidgedanken hat und entsprechend zu handeln. „Dazu gehört, gemeinsam eine Umgebung schaffen, in der sich unsere Patient:innen uns anvertrauen, wenn sie suizidale Gedanken haben, um sie entsprechend unterstützen zu können", erläutert die Psychiaterin. 

Die hausinternen Schulungsvideos zum Thema erläutern daher die klinische Symptomatik sowie auch Möglichkeiten zur Hilfe und helfen dabei, Risikogruppen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu identifizieren. Ein weiterer Schritt im Verdachtsfall sei die Einbeziehung der Psychiatrischen Kolleg:innen durch ein Konsil.

Seit der Bereitstellung im November 2022 informierten sich bereits mehr als 1200 Beschäftigte des UKL auf der Kampagnenseite über die Maßnahmen, viele nutzten die Schulungsvideos im klinikinternen digitalen Weiterbildungsportal UKLearn, um sich über das Thema zu informieren. „Wir haben viele positive Rückmeldungen zu dieser Kampagne erhalten: Als besonders hilfreich erleben die Nutzer:innen, zu erfahren, dass es wichtig ist, das Thema Suizidalität offen anzusprechen – und, dass das Nachfragen Leben retten kann", berichtet Prof. Rummel-Kluge.​

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 09​​​/23 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.


„Bitte stellen Sie das Rauchen ein!“

'AUFATMEN' – das ist das Motto der diesjährigen Informationsveranstaltung zum Weltnichtrauchertag am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) am 31. Mai 2023. Das Ziel: Möglichst viele Patient:innen und Beschäftigte für eine Tabakentwöhnung zu motivieren. Die Veranstaltung ist Teil der Kampagne "Rauchfreies Krankhaus​" am UKL. Angeboten wird diese sowie eine Tabakentwöhnung von der Rauchfrei-Ambulanz an der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. Warum ein Rauchstopp wichtig ist, dafür liefert Dr. Sebastian Krämer, Oberarzt in der Thoraxchirurgie​, in seinem Vortrag "100 Gründe".


Dr. Krämer, Ihr Vortrag in der Informationsveranstaltung am 31. Mai trägt den Titel "100 Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören". Welche sind das denn alles? ​

Dr. Sebastian Krämer: Das ist vielleicht ein bisschen plakativ und ich werde vermutlich nicht alle 100 aufführen können. Aber mir ist vor​ allem eines wichtig: Neben mindestens 99 sachlichen Gründen für eine Tabakentwöhnung gibt es immer den einen ganz persönlichen Grund, der den oder die Einzelne stark motiviert. Wenn man diesen für sich gefunden hat, klappt es in der Regel fast von allein. Denn dem Erfolg eines ärztlichen Anratens, dass es nun aber wirklich nötig wäre mit dem Rauchen aufzuhören, sind klare Grenzen gesetzt.

Wie sind Ihre Erfahrungen, was könnte ein solcher funktionierender Grund letztlich sein?  

Dr. Sebastian Krämer: Wir erleben oft, dass es die Konfrontation mit einer ernsten Erkrankung sein kann. Wenn zum ersten Mal eine schwere Bronchitis auftritt oder ein ernstes "Herzstolpern". Das ist dann der Anlass, die ja durchaus bekannten Gefahren für die Gesundheit nicht mehr zu ignorieren und tätig zu werden. 

Es kann aber auch etwas ganz anders sein. Ein neuer Partner, der oder die nicht raucht. Oder die Geburt von Kindern oder Enkelkindern, die vor dem Passivrauchen geschützt werden sollen. Denn hier hat sich das allgemeine Bewusstsein dafür, dass 'Mitrauchen' alles andere als gut ist, stark gewandelt. Dazu hat sicher auch das zuerst ja sehr kritisierte Rauchverbot in der Gastronomie beigetragen, das inzwischen akzeptiert ist - so wie viele andere Rauchverbote. Es würde ja jetzt keiner mehr auf die Idee kommen, beispielsweise im Flugzeug zu rauchen. Früher war das eine Selbstverständlichkeit, da wurde dann letztlich erst beim Landeanflug dazu aufgefordert, bitte das Rauchen einzustellen.   

Neben der Sorge um Andere oder Angst vor Krankheiten  - warum sollte ich dem Glimmstengel abschwören?   

Dr. Sebastian Krämer: Zum Beispiel auch einer besseren Lebensqualität wegen. Wer nicht mehr raucht, kann besser riechen und besser schmecken. Das Hautbild wird reiner. Und beim Treppensteigen und Spazierengehen erlebt man sich leistungsfähiger. 

Das sind ja eher Wohlfühlthemen… welche medizinischen Gründe sind denn aus Ihrer Sicht die gravierendsten?    

Dr. Sebastian Krämer: Aus meinem Blickwinkel als Thoraxchirurg natürlich zunächst die Vermeidung von Lungenkrebs oder der schweren Lungenschädigung COPD. Unsere Lunge ist ein sehr duldsames Organ. Wir merken erst viel später, wenn wir über eingeatmete Schadstoffe der Lunge oft irreversibel geschadet haben. Dann aber ist der Effekt sehr eindrücklich, denn uns bleibt wortwörtlich die Luft weg. 

Selbstredend hat Rauchen einen Einfluss auf unseren gesamten Körper. Die Arterienverkalkung der Herzkranzgefäße hin zum Herzinfarkt, die Verengung der Hirngefäße, der Versorgung der Beine, der Bauchorgane: All dies sind ebenso lebensgefährdende Erkrankungen, die durch Rauchen in der Entstehung und im Verlauf begünstigt werden. Übrigens gilt das auch für die Entwicklung von Tumoren des Mundbereichs, der Speiseröhre und sogar der Harnblase. Das Risiko an Blasenkrebs zu erkranken, erhöht sich bei Rauchern um das Dreifache.

Was würden Sie als Experte den Menschen zum Weltnichtrauchertag außerdem gern sagen? ​

Dr. Sebastian Krämer: Rauchen ist eine Sucht, und das Aufhören ist natürlich schwer. Daher ist meine Botschaft: Auch bereits eine Verringerung der Menge, also jede Zigarette weniger, ist ein Erfolg. Aber natürlich wäre es uns Ärzt:innen am liebsten, alle Rauchenden würden jedem Produkt der Tabakindustrie ganz entsagen. Dass dies geht, zeigen die Erfolge der Rauchfrei-Ambulanz. Also: Trauen Sie sich, starten Sie mit IHREM Rauchstopp!   ​

Super-Mikrochirurgie gegen Lymphödeme

Prof. Dr. Langer: Operation​​smethode bei Komplikationen der Lymphbahnen

​Bei einer Operation, einer Bestrahlung oder einer Intervention über die Leiste kann es vorkommen, dass Lymphbahnen verletzt werden. „In den meisten Fällen bildet der Körper neue Verbindungen, so dass die Lymphe problemlos abfließen kann", erklärt Prof. Dr. Stefan Langer​, Bereichsleiter Plastische, Ästhetische und spezielle Handchirurgie​ an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig​.

„Mit der zunehmenden Zahl von minimal-invasiven Eingriffen über die Leiste wächst aber auch die Gruppe der Patienten, bei denen es Komplikationen durch verletzte Lymphbahnen gibt. Eine Standardtherapie gibt es derzeit nicht – aber es gibt zwei Lösungen: Erstens kann man Lymphknoten dorthin transplantieren, wo sie gebraucht werden.  Und zweitens kann man ein Lymphgefäß mit einer kleinen Vene verbinden, so dass wieder eine Verbindung zum Kreislauf entsteht. Diese sehr anspruchsvolle Operation – wir bewegen uns da in Dimensionen, die kleiner sind als die Mikrochirurgie – haben wir einige Male ausgeführt und gute Erfolge erreicht."

Das Team von Prof. Langer hat sich Techniken aus der Krebschirurgie und der Neurochirurgie angeeignet und am Universitätsklinikum auch die entsprechenden Geräte und Instrumente, um im Millimeterbereich zu arbeiten. Zur Verdeutlichung: Ein Lymphgefäß ist im Durchmesser kleiner als ein Millimeter. Dieses muss mit einer dünnen Vene verbunden werden „Die Naht muss halten, der Durchfluss gewährleistet sein - das ist schon Super-Mikrochirurgie", sagt Prof. Langer nicht ohne Stolz. „Und ich bin selbst begeistert, wie gut das funktioniert: Die Lymphe, die sich sonst im Bein oder Arm staute und ständig über die offene Wunde in der Leiste austrat, wird im Körper abgeleitet. Das Bein wird wieder dünner, die Wunde schließt sich – der Patient profitiert erheblich."

Die betroffenen Patienten hatten beispielsweise einen Eingriff über die Leiste gut verkraftet. Doch sechs bis acht Wochen später hatte sich die winzige Wunde in der Leiste immer noch nicht geschlossen, ständig trat Flüssigkeit aus, zudem schwoll ein Bein an. „Das Problem kennen alle Ärzte seit Jahren: Das Lymphsystem hat ein Leck. Durch den Druck der Flüssigkeit – immerhin produziert ein Bein pro Tag zwei Liter Lymphe – schließt sich die Wunde nicht. Sie nässt stark. Zudem sammelt sich im Bein oder Arm Flüssigkeit an, ein Lymphödem entsteht", so Prof. Langer. „Diese Komplikation stellt sich beispielsweise bei Brustkrebsoperationen ein, da konnte durch Lymphabflussprobleme ein Arm anschwellen. Eine hilfreiche Therapie ist Lymphdrainage. Wenn die nicht half, waren die Möglichkeiten bisher erschöpft. Jetzt aber können wir den Patienten oft auf Dauer, nachhaltig helfen."​

In: Gesundheitsmagazin "Liebigs​traße aktuell" 04​​​/23 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.​

Frisch und pflanzlich schlägt fertig und fleischhaltig

7. März - Tag der gesunden Ernähr​ung: Frisch und pflanzlich schlägt fertig und fleischhaltig. UKL-Internistin erklärt, wann Essen krank macht und welche Ernährung gesund hält   

Dr. Charlotte Ackmann leitet die Sprechstunde für g​astroenterologische Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig. Die meisten, die zu ihr kommen, leiden an Mangelernährung oder ernährungsbedingten Erkrankungen. Zum „Tag der gesunden Ernährung" erklärte sie, wie unser Essen unsere Gesundheit beeinflusst. 

Frau Dr. Ackmann, Sie leiten die Ernährungssprechstunde​ in der Gastroenterologie am Universitätsklinikum Leipzig​. Wann kommen die Patient:innen zu Ihnen?

Wenn Ernährungsbestandteile sie krank machen, wie bei Zöliakie oder anderen Unverträglichkeiten, oder wenn sie an Mangelernährung und deren Folgen leiden. Das passiert, wenn zum Beispiel bestimmte Erkrankungen dazu führen, dass Nahrung insgesamt oder einzelne Nährstoffe nicht vollständig aufgenommen und verarbeitet werden können. Übrigens können auch übergewichtige Menschen in dieser Form mangelernährt sein. Wenn das Vitamine und Spurenelemente betrifft, kann das sehr gravierende Folgen für die Gesundheit haben, die oft auch unumkehrbar sind.   

Was folgt daraus für die Frage, welchen Effekt das Essen auf unsere Gesundheit hat?

Dass es einen sehr, sehr großen Effekt gibt. Unsere Ernährung spielt bei fast allen nicht-übertragbaren Erkrankungen eine Rolle, sowohl für die Entstehung als auch für die Behandlung. Die Wahl unserer Nahrungsmittel bestimmt bei vielen Krankheiten, ob wir daran erkranken oder nicht. Gleichzeitig ist dies aber auch der Bereich, den wir am einfachsten und schnellsten selbst beeinflussen können, indem wir unseren Speiseplan entsprechend gesund gestalten – das ist das Gute daran.

Und wie sähe ein gesunder Speiseplan aus Ihrer Sicht denn aus?

glichst vielseitig und möglichst frisch. Je mehr selbst gekocht wird, umso besser. Stark verarbeitete Lebensmittel wie in vielen Fertigprodukten sind generell nicht gut für den Organismus. Diese Produkte enthalten oft zu viel Zucker, Salz und Fett. Was dagegen verloren geht, sind Vitamine und andere Mikronährstoffe, die wir aber unbedingt brauchen.

Außerdem sollte Fleisch eher selten auf den Teller kommen. Die Empfehlung hier lautet maximal 300 Gramm pro Woche, und zwar insgesamt für alle Fleischprodukte. Da kommt bei manchem schnell sehr viel mehr zusammen, und das ist nicht gesund.

Auch wenn das Fleisch selbst zubereitet wird und eher mager ist?

Entscheidend ist eher, welches Fleisch es ist. Bei rotem Fleisch, also Rind, Schwein oder Lamm, gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen häufigem Konsum und einem erhöhten Risiko, an Krebs zu erkranken. Das liegt an dem Bestandteil, der für die rote Farbe verantwortlich ist, dem   Häm-Eisen. Wir gehen davon aus, dass diese organische Eisenverbindung die Zellteilung und damit die Entstehung von Tumorzellen fördert. Das gilt insbesondere für Darmkrebs, eine der drei häufigsten Krebsarten weltweit.

Aber Eisen, so heißt es, ist doch gesund?

Wir brauchen Eisen, nur sollten wir es eben in Maßen und auch in verschiedenen Formen zu uns nehmen. Es gibt zum Beispiel auch pflanzliche Eisenlieferanten, die zudem noch den Vorteil haben, viel Protein zu enthalten, wie Hülsenfrüchte oder Nüsse. Insgesamt liefert uns eine ausgewogene, eher pflanzliche und frische Kost genug vom allem, was wir brauchen, ohne uns zu schaden.​​

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 03​​​/23 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.

Impfung gegen HP-Viren schützt Frauen gegen Gebärmutterhalskrebs

Prof. Dr. Aktas rät: Einmal jährlich zum Frauenarzt – das is​​t der wichtigste Schritt zur Vorsorge

Die jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt, der Verzicht auf das Rauchen und auf häufig wechselnde Geschlechtspartner – damit können Frauen das Risiko eines Gebärmutterhalskrebses reduzieren. Das rät Prof. Dr. Bahriye Aktas, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde am Universitätsklinikum Leipzig​. Den Müttern rät sie, sowohl Mädchen als auch Jungen per Impfung gegen Humane Papillomaviren schützen zu lassen. Denn diese HP-Viren sind Auslöser des Zervixkarzinoms.

Frage: Wie können sich Frauen am besten vor Gebärmutterhalskrebs schützen?

Prof. Dr. Bahriye Aktas: Der erste und wichtigste Schritt zur Vorsorge ist, regelmäßig zum Frauenarzt zu gehen. Jede Frau ab 20 Jahren hat das Recht, einmal im Jahr eine Vorsorgeuntersuchung vornehmen zu lassen. Und es wäre schön, wenn alle Frauen dieses Recht für sich zur Pflicht machen würden. Zudem würde ich dringend empfehlen, Rauchen und Promiskuität zu vermeiden.

Was auf gut Deutsch heißt: Jungs und Mädels geht nicht gleich mit jedem ins Bett.

So könnte man es auch sagen. Auf alle Fälle ist der Gebärmutterhalskrebs die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Und in jedem Jahr sterben 2000 daran. Natürlich gibt es die verschiedensten Ursachen und Auslöser dieser Tumorerkrankung. Aber eine Rolle spielen vor allem Humane Papillomaviren, kurz HPV. Immerhin sind 99 Prozent der Gebärmutterhalskrebs-Patientinnen HPV-positiv. Und weil HPV häufig beim Sex übertragen wird, sind häufig wechselnde Partner de facto für Ungeimpfte ein Risiko.

Wie sie es gerade bereits angedeutet habe: Gegen HPV gibt es doch aber eine Impfung

Ja, sie ist ein Schutz, wenn die Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr vorgenommen wird. Deshalb empfehle ich sie dringend. Zudem wird die Schutzimpfung in Sachsen auch für Jungen bezahlt. Der Grund ist: Wenn die Jungs keine Viren transportieren, können sie die Mädchen nicht anstecken und sich selber vor HPV assoziierten Erkrankungen (wie beispielsweise Peniskrebs und Analkrebs) schützen. Aber: Eine HPV-Impfung ersetzt bei Frauen keinesfalls die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt.

Was gehört zur Vorsorgeuntersuchung?

Der wichtigste Bestandteil der Vorsorgeuntersuchung zur Krebsfrüherkennung ist ein Zellabstrich vom Gebärmutterhals, der sogenannte Pap-Test. Ein sicherer Krebstest im engeren Sinn ist der Abstrich zwar nicht; man sieht aber, ob Zellen gesund und normal aussehen oder nicht. Damit steigt die Chance, Krebsvorstufen zu erkennen und zu behandeln – noch bevor der Krebs entsteht. Zum Pap-Test kommt nun für Frauen ab 35 Jahren ein zusätzlicher HPV-Test, der dann alle drei Jahre wiederholt wird und auf den – ähnlich wie bei den Mammografie-Untersuchungen – mit Info-Briefen hingewiesen wird. Auch über den HPV-Test lässt sich Krebs direkt nicht diagnostizieren, sondern nur eine HPV-Infektion als möglicher Auslöser. Aber beide Tests zusammen haben eine hohe Aussagekraft. Patientinnen mit bekannter Risikokonstellation sollten engmaschiger kontrolliert werden und gegebenenfalls an eine Dysplasiesprechstunde angebunden werden.

Warum wird bei Frauen schon so frühzeitig auf den Gebärmutterhalskrebs geschaut?

Das Zervixkarzinom hat in der Entstehung zwei zeitliche Gipfel: Einmal bei Frauen um die 45 und dann bei Frauen um die 60 Jahre. Die meisten Krebsvorstufen entstehen etwa zehn Jahre davor. Und weil wir schon die Vorstufen finden wollen, um den Krebs gar nicht erst zuzulassen, werden schon junge Frauen gescreent. Werden Krebsvorstufen gefunden, ist die Sanierung per Operation auch einfacher. Überhaupt sind Krebserkrankungen in frühen Phasen immer besser zu heilen.

Hilft die Vorsorge auch bei anderen Krebserkrankungen der Frauen?

Beim Eierstockkrebs ist noch keine Screening-Methode vorhanden, für den Frauenarzt ist eine Diagnosestellung im Frühstadium schwierig. Aber ein Vulva- oder ein Vaginalkarzinom ist bei der jährlichen Untersuchung schon im Frühstadium zu entdecken. Veränderungen sollten nicht verschleppt werden, bei persistierenden Veränderungen lieber einmal eine kleine Probe entnehmen. Übrigens hilft die HVP-Schutzimpfung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen Scheiden- und Vulvakrebs. Das wäre ein weiterer Grund, dass Eltern ihre Kinder beizeiten impfen lassen.

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 01​​​/23 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.


Breites medizinisches Spektrum für den Weg zur Kontinenz

Dr. Andreas Gonsior: Kontrollverlust üb​er Blase und Darm ist leider zur Volkskrankheit geworden

Jeder Zehnte in Deutschland ist davon betroffen, doch reden darüber will keiner: „Inkontinenz wird im gesellschaftlichen Bewusstsein immer noch tabuisiert", so Dr. Andreas Gonsior, Leiter des Kontinenzzentrums am Universitätsklinikum Leipzig (UKL)​. „Dabei ist der Kontrollverlust über Blase und Darm zur Volkskrankheit geworden."

Die Mitarbeiter des Kontinenzzentrums setzen deshalb auf offene Gespräche zwischen Arzt und Patienten, die den Weg ebnen zu einer erfolgreichen Behandlung. „Die Diagnostik ist sehr wichtig. Um zu den Ursachen des Problems vorzudringen, muss man als Arzt auch mal Zuhören können. Dafür wiederum braucht man Zeit. Und die können wir uns zum Glück in unserer Spezialsprechstunde nehmen", versichert Dr. Gonsior. Es gebe differenzierte und vielfältige Erkrankungsbilder, neurologische und organische Ursachen.

​„Gerade die Neurologie spielt eine große Rolle für unsere Arbeit. Denn das Hirn steuert die Blase. Nehmen wir als Beispiel die überaktive Blase, auch Reizblase genannt. Hier liegen nicht immer organische Ursachen vor, aber die Patienten leiden unter dem Zwang des häufigen Wasserlassens oder unter einem imperativen Harndrang", erzählt der Leipziger Urologe. „Art und Dauer der Beschwerden, Ess- und Trinkverhalten, Begleiterkrankungen und vergangene Operationen – all das muss herausgefunden werden. Das Führen eines Tagebuchs kann hilfreich sein. Dann sind noch körperliche Untersuchung, Ultraschal, neurologische Diagnostik, Röntgenuntersuchung nötig, um die Symptome zu klassifizieren. In einem Kontinenzboard werden die Fälle besprochen; Urologen, Gynäkologen, Chirurgen, Kinderchirurgen und Koloproktologen arbeiten interdisziplinär zusammen, um am Ende eine möglichst erfolgreiche Therapie für den Betroffenen zu finden."

Den Fachleuten des Kontinenzzentrums steht ein breites Spektrum von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Es reicht von Medikamenten bis zu operativen Strategien. „Bleiben wir bei der überaktiven Blase: Hier kann z.B. das Injizieren von Botulinumtoxin große Erleichterung bringen", erklärt Dr. Gonsior. „Denn dadurch können Sensorik und Motorik zum Positiven hin verändert werden. Bei anorektaler Inkontinenz, Darmschwäche oder analer Schließmuskelschwäche wiederum kann eine Neuromodulation helfen. Hierbei wird eine dünne Elektrode im Bereich des Kreuzbeins implantiert. Ein Schrittmacher gibt dann sanfte elektrische Impulse an die Sakralnerven ab, die die Funktion von Enddarm und Blase kontrollieren."

Liegt eine Belastungsinkontinenz vor, können die Experten auf verschiedene Implantate zurückgreifen, mit denen den Patienten geholfen werden kann. „Beispielsweise kann mit einer Bandimplantation der Schließmuskel gestützt werden oder auch ein künstlicher Schließmuskel eingesetzt werden. Uns stehen Produkte von verschiedenen Herstellern zur Verfügung, die sich hinsichtlich der Nachjustierbarkeit oder Deaktivierungsmöglichkeit unterscheiden. Wir besprechen mit dem Patienten, welches Implantat für den konkreten Fall am besten ist. Denn er muss wissen, was auf ihn zukommt." Dabei gilt: Es muss nicht sofort der gravierendste Eingriff nötig sein. Bevor ein künstlicher Schließmuskel implantiert wird, gibt es noch andere Systeme mit Bändern und Kissen.

„Das alles ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen möglich zur Kontinenzverbesserung", betont Dr. Gonsior. „Zudem kommen bei Frauen auch Senkungsoperationen infrage, die von Gynäkologen vorgenommen werden. Wichtige Partner unseres Zentrums sind außerdem die Chirurgen, die bei Stuhlinkontinenz entsprechende Therapien anbieten können. Außerdem gibt es ein Kontinenzzentrum für Kinder, das den speziellen Anforderungen an die Behandlung unserer kleinen Patienten entspricht."

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 12​​​​/22 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.

Hypophysentumor – nicht immer muss gleich operiert werden

Interdisziplinäre Spezials​​prechstunde von Endokrinologen und Neurochirurgen am Universitätsklinikum Leipzig

Schwindel, Gesichtsfeldeinschränkungen, Kopfschmerzen, unerfüllter Kinderwunsch – es sind die unterschiedlichsten Symptome, die auf einen Tumor an der Hirnanhangdrüse hinweisen können. CT- und MRT-Untersuchungen des Kopfes werden aus den unterschiedlichsten Gründen durchgeführt. Dabei fallen nicht selten zufällig Veränderungen an der Hypophyse auf. Die Patienten werden daraufhin von den niedergelassenen Ärzten zu einer interdisziplinären Spezialsprechstunde am Universitätsklinikum Leipzig überwiesen, in der Endokrinologen und Neurochirurgen die Behandlung abstimmen. Dazu werden die Bilder von Neuroradiologen ausgewertet, es erfolgt eine Labordiagnostik und auch der augenärztliche Befund spielt eine wichtige Rolle.

Jede Woche sitzen in der Spezialsprechstunde für Hypophysentumoren PD Dr. Dirk Lindner, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, sowie die Endokrinologen Prof. Dr. Anke Tönjes, PD Dr. Konstanze Miehle und Dr. Benjamin Sandner Patienten gegenüber, die große Angst vor dieser Erkrankung in ihrem Kopf haben. „In den meisten Fällen handelt es sich bei Hypophysentumoren um ein Hypophysenadenom, also einer gutartigen Gewebsneubildung", so Dr. Lindner. „Dennoch entstehen Beschwerden, so dass genau abgewogen werden muss, wie im Interesse des Patienten vorzugehen ist."

Jeder einzelne Fall wird unter den unterschiedlichsten Aspekten gesehen, verschiedene medizinische Fachbereiche bringen ihre Kompetenz ein, um am Ende eine wirkungsvolle therapeutische Entscheidung zu treffen. Beispielsweise kann ein kleiner Tumor auch erst einmal beobachtet werden, wenn er die Funktion der Hirnanhangsdrüse nicht beeinträchtigt. Handelt es sich um das häufige Prolaktinom, reicht eine medikamentöse Behandlung meist aus. Bei hormonaktiven Tumoren oder Tumoren, die auf die Sehnervenkreuzung drücken, hilft aber nur die operative Entfernung. Selbst ein kleiner Tumor kann durch eine Hormonausschüttung eine Reihe von medizinischen Problemen, wie auch Zuckerstoffwechselstörungen, hohen Blutdruck oder Störungen des Menstruationszyklus verursachen. Durch eine Operation kann Heilung erzielt werden. Dennoch ist eine langfristige Nachsorge erforderlich.

Durch eine gute Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten verschiedener Fachrichtungen und den Kollegen der verschiedenen Fachbereiche der Universitätsklinik können diese Patienten mit häufig komplexen Beschwerdebildern interdisziplinär im Kompetenzzentrum betreut werden.

Im Rahmen der operativen Behandlung ist am Leipziger Universitätsklinikum ein endoskopischer Zugang über die Nase gemeinsam mit den Kollegen aus der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde​ etabliert wurden. Wie Dr. Lindner erläutert, haben die bisherigen durchgeführten Operationen gezeigt, dass diese schonende Methode zu einer relativ geringen Belastung des Patienten führt. Zudem besteht eine große Chance, dass das Riechvermögen und die hormonelle Funktion erhalten bleiben. „Der Einsatz von HD-Videotechnologie bis zur dreidimensionalen Darstellung ermöglicht dem Operateur eine sehr gute anatomische Orientierung und eine verlässliche Differenzierung der verschiedenen Gewebe. Damit können auch kleine Reste des Tumors erkannt und entfernt werden."

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 11​​​/22 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier. ​

Moderne Zahnimplantate auch im Alter noch sinnvoll

Moderne Implantate können heute bis ins hohe Alter Zähne einschließlich der Wurzel ersetzen. „Davon profitieren auch Senioren. Denn das Alter allein ist keine Kontraindikation.", betont Privatdozent Dr. Oliver Schierz, kommissarischer Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde am Universitätsklinikum Leipzig​.

​Implantate haben im Vergleich zur abnehmbaren Prothese den Vorteil, dass sie dem Gebiss insgesamt eine deutlich bessere Funktionalität geben. So wird mit implantatgestütztem Zahnersatz beispielsweise das Beißen in einen Apfel wieder möglich. Auch ermöglichen die Implantate den Zahnersatz sicher im Mund zu befestigen. Im Vergleich zur Brücke wiederum haben Implantate den Vorteil, dass für ihre Verwendung keine benachbarten Zähne beschliffen und damit geschädigt werden müssen. Implantate sind daher auch für Patienten im fortgeschrittenen Alter sinnvoll um ein festes Zubeißen und einen Sicheren Halt des Zahnersatzes zu gewährleisten.

Das Zahnimplantat wird – vereinfacht gesagt – nach dem Dübel-Prinzip eingesetzt: Loch bohren, Dübel einstecken, einheilen lassen, Zahn befestigen. In der überwiegenden Mehrzahl bestehen Implantate aus gewebefreundlichem Titan. Die verschiedensten Implantatsysteme, die in Deutschland Verwendung finden, unterscheiden sich demzufolge im Wesentlichen in Form, Aufbaumöglichkeiten, Oberflächenbeschichtung – und natürlich im Preis. Die richtige Wahl aus den über 200 verfügbaren Systemen treffen sie am bestem gemeinsam mit der Zahnärztin oder dem Zahnarzt Ihres Vertrauens.

Dennoch können leider nicht bei jedem Patienten die dauerhaft haltbaren und biologisch verträglichen Zahnimplantate verwendet werden, so Dr. Schierz. Bei Osteoporose müssen zum Beispiel oft Medikamente eingenommen werden, die das Einheilen von Zahnimplantaten erschweren. Auch bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem schlecht eingestellten Diabetes kommen bedingt durch diese Grunderkrankungen Implantate in der Regel nicht in Frage. Starkes Rauchen stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar, da Nikotin ein Zellgift ist, welches die Einheilchancen erheblich vermindert. Im Alter kommt es in den zahnlosen Kieferbereichen darüber hinaus oft zu einem starken Knochenabbau. Ein unzureichendes Knochenangebot verkompliziert das Einpflanzen von Implantaten, da - je nach Ausmaß des Defekts – erst ausreichend Knochen aufgebaut werden muss.

In Leipzig bietet die Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum das gesamte Spektrum moderner Zahnimplantate. „Das beginnt bei Vorbereitungsoperationen zum Knochenaufbau, reicht über das Setzen eines einzelnen Zahnimplantates bis zur Versorgung gänzlich Zahnloser mit Implantaten", so Dr. Schierz. „Dabei können wir im Interesse des Patienten aus den Systemen der verschiedensten Hersteller dasjenige auswählen, das für den individuellen Fall die besten Ergebnisse bringt. Gerade Patienten mit komplexeren Problemen, bei denen beispielsweise ein Knochenaufbau nötig ist, können am Universitätsklinikum Leipzig von der interdisziplinären Zusammenarbeit der verschiedensten Fächer rings um die Zahnmedizin profitieren."​

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 10​​​/22 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.

„Körperliche Vollständigkeit braucht jede Frau für ihre Identität“

Prof. Dr. Stefan ​Langer sieht Brustrekonstruktion mit Eigengewebe vom Unterbauch als natürliche und nachhaltige Wiederherstellung des Körpers


„Jede Frau hat das Recht, nach einer Brustkrebsoperation wieder eine natürliche Brust zu bekommen, manchmal sogar schöner als vorher", sagt Prof. Stefan Langer, Leiter des Bereichs Plastische, Ästhetische und Spezielle Handchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig​. „Dies ist vorteilhaft für ihre Identität und Symmetrie, ob sie nun 22 oder 72 Jahre alt ist." Im Gespräch erläutert er, wie er auch Jahre nach einer Brustkrebsoperation helfen kann – mit einem gut verträglichen und patientenfreundlichen Eingriff, den die Krankenkassen bezahlen.

Auch wenn sich die OP-Methoden weiterentwickelt haben und heute deutlich schonender sind: Der Krebs kostet manche Frau ein Teil ihrer Weiblichkeit. Wie kann man den Betroffenen helfen?

Auch die Methoden und das Können der plastischen Operateure haben sich weiterentwickelt. Deshalb kann ich nur raten: Kommen Sie in ein plastisch-chirurgisches Zentrum z. B. wie am Universitätsklinikum Leipzig. Auch wenn hier nicht die Brustkrebs-OP erfolgte, kann unser Team aus Plastischen Chirurgen allen Frauen helfen, wieder zu ihrer körperlichen Gesamtheit zu finden. Denn jede Frau hat das Recht, nach einer Brustkrebsoperation wieder eine natürliche Brust zu erhalten. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie sehr die körperliche Vollständigkeit zum seelischen Überwinden der Krebserkrankung beiträgt. Aber auch die Erkrankung dürfen wir nicht vernachlässigen und so werden regelmäßig Nachuntersuchungen des transplantierten Gewebes, z.B. mit Ultraschall gemacht.

Gehen wir vom Extremfall aus: Eine Brust wurde vor zehn Jahren amputiert. Seither hilft eine Prothese mehr schlecht als recht. Was können Sie tun?

Auch dann kann ich den Wiederaufbau der Brust anbieten. Prinzipiell hat die Patientin die Wahl zwischen Silikonimplantaten oder Eigengewebe. Ich würde bei allen Frauen, bei denen das körperlich möglich ist, zum Eigengewebe raten. Dabei wird Fettgewebe vom Unterbauch entnommen, woraus ich die neue Brust modelliere. Dadurch wird übrigens der Bauch flacher und straffer wie bei einer Bauchdeckenstraffung, was viele Frauen als sehr angenehmen Nebeneffekt empfinden. Mit der Patientin wird immer das individuell Machbare besprochen. Wenn nötig wird also auch die vorhandene (gesunde) Brust optimiert. Auch so eine angleichende Brustoperation bezahlen die Krankenkassen.

Welche Rolle spielen das Alter und die Hautbeschaffenheit, beispielsweise bei Bauch-OP- oder Schwangerschaftsnarben?

Keine. Denn die körperliche Vollständigkeit braucht jede Frau für ihre Identität – ob sie nun alt oder jung ist. Zudem ist der Eingriff gut verträglich. Auch kein Problem sind Operations- oder Schwangerschaftsnarben: Aus der Haut, die mit dem Fettgewebe vom Unterbauch entnommen wird, wir die neue Brust geformt. Problematisch ist hingegen, wenn eine Schönheitsoperation (Fettschürzenentfernung) am Bauch vorgenommen wurde. Dann habe ich keine Chance mehr, dort „Material" für die Brustrekonstruktion zu entnehmen. Dann gibt es Möglichkeiten vom Gesäß oder vom Rücken gesundes Gewebe zu verwenden.​

Welche Vorteile hat der Brustaufbau mit Eigengewebe für die Patientin?

Manche Frauen haben Missempfindungen und Schmerzen durch das Silikonimplantat. Auch ist das kosmetische Resultat nicht immer gut und die Brust fühlt sich fest an und ist gefühllos. Beim Eigengewebe ist der Vorteil, das Gewebe ist kein Fremdgewebe, es ist, wie der Name schon sagt, alles eigen. Das Gewebe ist durchblutet, warm und bewegt sich zum Beispiel beim Sport ganz natürlich. Eigengewebe bleibt ein Leben lang, es muss nicht gewechselt werden wie beispielsweise ein Silikonimplantat und es führt Gewichtsveränderungen durch. Am Universitätsklinikum Leipzig führen wir diese Operationen häufig durch und haben eine große Erfahrung mit solchen Operationen. Wir haben bereits vielen Frauen damit zu einem neuen Lebensgefühl verholfen. Außerdem ist es auch möglich beide Brüste in einer Operation zu rekonstruieren.

In: Gesundheitsmagazin "Liebigstraße aktuell" 09​​/22 (PDF). Eine Übersicht aller Gesundheitsmagazine finden Sie hier.