Leipzig. Patienten des Universitätsklinikums Leipzig (UKL), die ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk eingesetzt bekommen, erhalten seit Jahresbeginn schon vor ihrer OP eine umfassende Patientenschulung. Dort bekommen sie fachübergreifend alle wichtigen Informationen zu sämtlichen Behandlungsschritten und beginnen bereits mit Übungen für die Zeit nach der Operation.
Die Schulung ist Teil der "Fast Track" genannten Methode, die seit kurzem von den UKL-Orthopäden um Prof. Andreas Roth eingesetzt wird. Im Wesentlichen geht es dabei um die zügige Rückkehr zu früherer Aktivität.
"Wenn ich den Patienten sage, dass sie etwa zwei Stunden nach ihrer OP das erste Mal aufstehen und laufen werden, halten viele die Luft an", berichtet Dr. Christina Pempe von der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie am UKL. "Doch dann zeige ich ihnen ein Video, in dem sie sehen, dass es funktioniert, und das finden die meisten dann sehr spannend und sind hoch motiviert." Erzwungen werde das frühe Aufstehen allerdings nicht, beruhigt sie zugleich: "Wenn es noch nicht geht, dann geht es nicht."
Die Assistenzärztin führt einmal pro Woche eine dieser vorbereitenden Veranstaltungen in Kleingruppen von etwa sieben Teilnehmern durch. Den Partner oder Angehörige mitzubringen ist dabei ausdrücklich erwünscht. "Diese Schulung nimmt einen wichtigen Platz im Konzept von 'Fast Track' ein", erläutert Dr. Pempe, "die Patienten haben hier die Möglichkeit, sich umfassend über die Abläufe und die Operation zu informieren." Dr. Pempe nennt es auch eine Art "Erwartungsmanagement" für beide Seiten - Patienten und Klinik.
Die Patienten sollen so von Anfang an darauf vorbereitet werden, dass sie selbst ein aktiver Teil des Genesungsprozesses sind. "Fast Track", so meint die Ärztin, passe daher gut in die aktuelle Entwicklung der Arzt-Patienten-Beziehung allgemein, nämlich hin zu einer aktiveren Rolle des Patienten.
"Trockenübungen" mit Gehstützen
"Etwa ein bis zwei Wochen vor ihrer Operation laden wir die Patienten zu unserer Schulung ein", erläutert Annett Huke. Sie betreut die Stationen, auf denen die frisch Operierten später eben möglichst keine sehr lange Zeit mehr liegen sollen. "Einer der Operateure hält einen kurzen Vortrag, dann werden die Teilnehmer umfangreich über alle stationären Abläufe informiert", sagt Schwester Annett. Physiotherapeuten erläutern anschließend die Übungen für die Zeit vor und nach der Operation. Vertreter des Sozialdienstes wiederum sprechen Fragen an, wie es nach dem erfolgreichen Eingriff weitergeht. Wann beginnt die Reha? Wer braucht Hilfe zu Hause? Welche Formulare müssen wie und wann ausgefüllt werden?
Doch es bleibt nicht nur bei theoretischen Erklärungen. Alle Teilnehmer der Schulung absolvieren auch gleich erste "Trockenübungen" mit Gehstützen auf dem Gang und an den Treppen. "So sind sie noch besser auf die Situation nach dem Eingriff vorbereitet", meint Annett Huke. Auch zu Hause sollen die Patienten weiter üben und aktiv an ihrer Genesung arbeiten.
Die Erfahrungen nach den ersten Schulungen zeigen, dass das Konzept richtig ist. "Die Patienten würdigen, wie umfassend sie informiert wurden", sagt Dr. Pempe. Alles sei nicht mehr so fremd gewesen. Sie hätten die Gesichter ihrer behandelnden Ärzte und Physiotherapeuten bereits gekannt und sich zudem untereinander kennengelernt, falls man sich später bei den Gruppentherapien wiedertreffen würde.
Auf einen wichtigen Aspekt weist Dr. Christina Pempe allerdings auch hin: "Die Patientenschulung ersetzt natürlich nicht das weiterhin bestehende persönliche Gespräch mit dem Orthopäden oder Unfallchirurgen sowie dem Anästhesisten. Sie ist ein zusätzliches Angebot."