Leipzig: Werden Kinder vor der 24. Schwangerschaftswoche tot geboren, müssen sie in Deutschland laut Gesetz nicht bestattet werden. Um ihnen trotzdem einen würdevollen Abschied zu bereiten, hat sich 2003 der Arbeitskreis Schmetterlingskinder Leipzig gegründet. Im Sommer 2005 setzte er auf dem Friedhof Leipzig-Lindenau die ersten betroffenen Kinder bei – unterstützt von verschiedenen Bestattungsunternehmen, Kirchgemeinden, Privatpersonen, Organisationen und Verbänden, darunter auch das Universitätsklinikum Leipzig (UKL). 20 Jahre später trägt es immer noch zum Gelingen des Projekts Schmetterlingskinder Leipzig bei.
Es ist eine Erfolgsgeschichte der anderen Art – die Geschichte des Arbeitskreises Schmetterlingskinder Leipzig. Seit 20 Jahren setzt er unter dem Dach des hiesigen Hospiz Vereins alle in Leipzig und Umgebung vor der 24. Schwangerschaftswoche tot geborenen Kinder bei, die nicht von ihren Angehörigen bestattet werden. Umgangssprachlich als Fehlgeburt oder Abgang bezeichnet, wurden sie lange auch so behandelt: Als nicht bestattungspflichtig landeten sie vielfach schlicht im „Klinikabfall“, sagt Anja Wendisch, Kinderkrankenpflegerin auf der Neonatologischen Intensivstation des UKL, die die AG 2003 mit aufgebaut hat. „Dem wollten wir einen würdevollen Abschied entgegensetzen.“
Zwei Jahre nach Gründung des Arbeitskreises wurde ihr Wunsch Wirklichkeit: Auf dem Friedhof Leipzig-Lindenau fand die erst Beisetzung statt. Seitdem kommen Anja Wendisch und ihre Mitstreiter:innen dreimal pro Jahr im Schmetterlingskinder-Ruhegarten zusammen. Dabei bestatten sie im Schnitt 500 bis 700 Kinder, darunter auch solche diesseits der 12. Schwangerschaftswoche. Sie kommen aus den pathologischen Instituten der näheren Umgebung – etwa dem des UKL. Hier werden betroffene Kinder aufbewahrt, gegebenenfalls auch auf ihre Todesursache untersucht, und später zur Bestattung überführt.
Wie wichtig es ist, selbst sehr früh verstorbene Kinder beizusetzen, weiß Anja Wendisch aus Erfahrung. Viele Eltern zeigten sich anfangs pragmatisch und wollten lieber in die Zukunft schauen, als sich mit einer Beerdigung zu beschäftigen, andere seien damit überfordert, sagt die Kinderkrankenpflegerin. Monate, manchmal auch Jahre später hätten diese Eltern plötzlich aber doch den Wunsch, zu wissen, wo ihr Kind hingekommen ist. „Früher haben sie auf diese Frage keine zufriedenstellende Antwort bekommen, seit 2005 aber können wir ihnen genau sagen, wann und wo ihr Kind bestattet worden ist.“
Eltern, Großeltern oder Geschwistern die Möglichkeit und einen Ort zum Trauern zu geben ist ein weiteres Anliegen des Leipziger Arbeitskreises. Damit verbunden sei der Wunsch, so Anja Wendisch weiter, Verständnis für die Hinterbliebenen von Schmetterlingskindern zu wecken. „Das Kind ist meist nur für die Mutter wirklich fassbar. Mit der Bestattung geben wir ihm einen Platz in der Familie und machen auch für alle anderen sichtbar, dass da jemand tatsächlich ein Kind und damit Hoffnungen und Wünsche verloren hat.“
Um auch in 20 Jahren noch Schmetterlingskinder in Leipzig bestatten zu können, ist der ehrenamtlich tätige Arbeitskreis auf Unterstützung angewiesen. Dabei helfen Menschen, die eine Beisetzung etwa mit Live-Musik bereichern, genauso wie Institutionen wie das UKL, welches das Engagement der Schmetterlingskinder Leipzig hauptsächlich finanziell unterstützt. Interessierte sind herzlich eingeladen, den Arbeitskreis näher kennenzulernen. Gelegenheit dazu bietet zum Beispiel die Jubiläumsfeier, die im Spätsommer stattfinden wird.
Arbeitskreis Schmetterlingskinder Leipzig
Hospiz Verein Leipzig e.V.
Kommandant-Prendel-Allee 97
04299 Leipzig
E-Mail: info@schmetterlingskinder-leipzig.de
https://www.schmetterlingskinder-leipzig.de/
