Sie sind hier: Skip Navigation LinksUniversitätsmedizin Leipzig

Im Kampf um die Schutzmittel

In den ersten Monaten der Corona-Pandemie war der Bereich 2 – Materialwirtschaft und Dienstleistungen vor allem mit einem Problem konfrontiert: Reicht die Schutzausrüstung, und wo bekommen wir Nachschub? Gleichzeitig mussten aber auch die Dienstleistungen wie die Essensversorgung für Mitarbeiter und Patienten umgestellt und unter Corona-Bedingungen abgesichert werden. Alle diese Themen begleiten die Kolleginnen und Kollegen auch sechs Monate später noch. 

„Die Corona-Pandemie ist ja keineswegs vorbei", resümiert Birgit Schultz, Leiterin des Bereichs 2.
Sie hatte mit einer zweiten Welle nach der Urlaubszeit gerechnet – so, wie es sich im Herbst nun auch zeigt. Dennoch unterscheidet sich ihr Arbeitsalltag heute von dem im März und April: „Das war eine sehr spannende Zeit, sehr arbeitsreich für das Team und für mich", blickt Birgit Schultz zurück. Obwohl man ja wusste, dass es auch in Deutschland und Leipzig Infektionen geben würde, „erreichte uns die Welle dann schneller als gedacht." Für ihre Arbeit konkret bedeutete das: Obwohl die persönliche Schutzausrüstung wie Masken, Handschuhe und Schutzkittel für den normalen UKL-Krankenhausalltag ausreichend vorrätig war, wurde schnell klar, dass diese und andere Produkte nur noch sehr schwer zu beschaffen waren.

„Unsere Lieferketten haben zu Beginn gut standgehalten, aber ab der 2. Märzwoche wurden auch unsere Partner einfach nicht mehr beliefert", so Schultz. Beispielweise wurde ein für das UKL bestimmter Sattelschlepper voller Material aus Frankreich einfach wieder abgeladen und beschlagnahmt, weil die Grenzen geschlossen wurden. In der gesamten EU waren die Lieferketten unterbrochen, viele Vorprodukte, die aus Asien kamen, fehlten komplett, so dass die Produktion stillstand. Gleichzeitig explodierte die Nachfrage. „Auch der schnell auftretende Mehrbedarf hier im Klinikum stellte uns vor eine große Herausforderung", beschreibt die Bereichsleiterin. Jeden Tag drohte ein neuer Versorgungsengpass. Jeder Tag fing mit der Frage an, welches Produkt ist heute betroffen? Welches Schiff hat heute nicht angelegt? Und das tatsächlich, auch wenn oft nur mit Notlagerbestand, Waren im Rahmen des Notwendigen ausgegeben werden konnten, dafür gebührt meinem Team ein ganz großes Dankeschön." Die Versorgung der Intensivstationen sicherzustellen war eine der Prioritäten, das Material für den Einsatz der Beatmungsmaschinen musste vorbereitet sein.

„Insgesamt sind die Lager nun befüllt, dennoch nehmen wir täglich für die Risikoprodukte eine Bestands- und Abrufkontrolle vor, um rechtzeitig auf erneute Engpässe reagieren zu können." Deshalb sei es auch nach wie vor geboten, mit den Ressourcen schonend umzugehen.

Um Nachbestellungen während des Lockdowns zu organisieren, arbeiteten sich die Kollegen im B 2 durch Massen von Emails, viele mit höchst unseriösen Angeboten. „Ich hätte nie für möglich gehalten, was da passierte – da wurden gefälschte Waren angeboten, mit gefälschten Zertifikaten und zu astronomischen Preisen, nur bei Vorkasse versteht sich", erinnert sich Schultz. „Und natürlich kam immer ‚alles nur aus Deutschland'". Da wären viele kriminelle Energien freigesetzt worden. Als kritisch empfand die Beschaffungsspezialistin auch den internen Umgang der Nachbarn in der EU miteinander. „Da konnten z.B. keine OP-Abdeckungen mehr geliefert werden. Die Waren standen in Polen und Tschechien buchstäblich auf der Straße vor den geschlossenen Grenzen, und uns fehlten sie." Da wäre aus ihrer Sicht eine andere EU-weite Lösung sinnvoller gewesen. Aber auch hier hatten wir uns - sprichwörtlich der Glaskugel abgefragt – vorsorglich mit Ware präpariert.

Als ausgesprochen positiv erinnert Birgit Schultz die „unheimlich gute interne Zusammenarbeit". „Es findet heute noch meine Bewunderung, wie alle angepackt haben – da haben die Kinder von Mitarbeitern zuhause im 3-D-Drucker Visiere hergestellt. Es wurde improvisiert, die Probleme wurden mit viel Kreativität gelöst."  Die Apotheke hat zum Beispiel Desinfektionsmittel in Eigenproduktion hergestellt. Auch die Zusammenarbeit mit der Fakultät war hervorragend. „Die Kollegen dort haben für unseren Mehrbedarf Teströhrchen hergestellt, Lagerflächen wurden unkompliziert gefunden und bereitgestellt." Vieles musste sehr schnell entschieden und umgesetzt werden, wie die Ausstattung der Leitstelle, „die haben wir mit der IT und allen anderen zusammen innerhalb von drei Stunden gestemmt." Generell sei die Disziplin bei allen hoch gewesen: Knappe Ressourcen wurden strikt nachgehalten und konzentriert. „Da haben einzelne Kollegen in der Pflege dann direkt die Verantwortung für die Zuteilung übernommen."  Das war nötig, denn ja, es hat auch Verluste gegeben. „Die mussten wir minimieren, und haben auch mal einzelnen Bestellungen und Posten nachtelefoniert", so Schultz. Als eine der größten Herausforderungen für sich selbst hat sie den Anspruch empfunden, möglichst umfassend vorbereitet sein zu wollen. „Man versucht an alles zu denken, und abends dann der Moment – oje, daran haben wir nicht gedacht …"  

Gut geklappt haben die Abstimmungen mit den dienstleistenden Firmen, die im UKL im Einsatz sind. „Wir haben uns gegenseitig unterstützt und so dafür gesorgt, dass alles aufrechterhalten werden konnte, von der Essensversorgung über die Wäscheversorgung bis zur Reinigung."

Sehr intensiv war in dieser Zeit auch der Austausch mit den Kollegen in den Ministerien und den Behörden, um den Materialmangel aufzufangen. „Das war ebenfalls eine hervorragende Zusammenarbeit, die sehr kooperativ geführt wurde. Da wurde beispielsweise in der heißen Phase eine Lieferung für Ostersonntag angekündigt. Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt und konnten dann erreichen, dass wir die Lieferung schon Samstag annehmen – das hat uns zumindest auch etwas unterstützt."

Aus den Veränderungen der letzten Monate würde Birgit Schultz die Option der Videokonferenz als neues Format der Interaktion beibehalten, „aber als Ergänzung zum Face-to-face-Kontakt, den brauchen wir auch weiterhin", ist sie überzeugt. Ansonsten würde sie wieder alles noch einmal genauso machen, „weil wir einfach als ein unheimlich fleißiges Team sehr gut funktioniert haben."​