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Arbeitslosigkeit und Gesundheit – Sächsische Längsschnittstudie

​Leitung:
Prof. Dr. Hendrik Berth1, Prof. Dr. Peter Förster2, Prof. Dr. Elmar Brähler3,
Prof. Dr. Yve Stöbel-Richter4, Dr. Markus Zenger5

1 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie; 2 emeritiert (zuvor Forschungsstelle Sozialanalysen Leipzig); 3 Universitätsklinikum Leipzig, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie; 4 Hochschule Zittau/Görlitz, Fakultät Management und Kulturwissenschaften, Professur für Gesundheitswissenschaften; 5 Hochschule Magdeburg - Stendal, Professur für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie

Überblick:
Im Jahr 1987 begann das Zentralinstitut für Jugendforschung der DDR in Leipzig gemeinsam mit Wissenschaftlern der Karl-Marx-Universität Leipzig und der Pädagogischen Hochschule Ernst Schneller Zwickau eine Studie bei 14-jährigen SchülerInnen in Sachsen an 41 Schulen in den damaligen Bezirken Leipzig und Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz). Die Stichprobe (Zufallsauswahl) war repräsentativ für den DDR-Geburtsjahrgang 1973. An der ersten Erhebung nahmen 1.407 SchülerInnen teil. Nach den drei geplanten Wellen wurden im Frühjahr 1989 alle TeilnehmerInnen gefragt, ob sie ggf. an weiterführenden Studien teilnehmen würden; 587 Personen erklärten sich hierzu bereit.

Die Studie wurde im Jahr 2017 in der 30. Erhebungswelle durchgeführt und ist damit die einzige sozialwissenschaftliche Studie, die in dieser Form über mehr als 30 Jahre hinweg das Erleben der deutschen Wiedervereinigung und der ostdeutschen Transformation anhand zahlreicher Indikatoren bei einer identischen und stets hinreichend großen Anzahl von Personen so detailliert untersucht hat. Die TeilnehmerInnen sind inzwischen 45 Jahre alt. Zentrale Forschungsfragen der ersten drei Erhebungswellen bezogen sich vor allem auf das Erleben der DDR; Lebensziele, Lerneinstellungen und Mediennutzung. Nach der Wende änderten sich die erfragten Aspekte; das Erleben der deutschen Einheit und das Leben im Gesellschaftssystem der Bundesrepublik standen im Vordergrund. Seit Mitte der 1990er Jahre sind zusätzlich die Themen Arbeitslosigkeit, Gesundheit und Familiengründung in den Blickpunkt der Betrachtung gerückt.

Hauptergebnisse:
Die Wiederherstellung der deutschen Einheit 1990 stellt für die deutliche Mehrheit der TeilnehmerInnen der Sächsischen Längsschnittstudie (SLS) einen Gewinn in ihrem Leben dar. Auf die Frage, wie sie zur Vereinigung der beiden ehemaligen deutschen Länder allgemein stehen, antworten seit 1990 stets über 70 Prozent, sie seien sehr dafür bzw. dafür. 2015 waren es 90 Prozent, die die Einheit begrüßten. Dennoch werden nicht alle Aspekte des politischen und gesellschaftlichen Lebens im wiedervereinigten Deutschland nur positiv gesehen. Entsprechend den politischen Machtverhältnissen sank bzw. stieg die Politikzufriedenheit in den letzten Jahren.
Zahlreiche Auswertungen der Ergebnisse der SLS beschäftigen sich mit den Auswirkungen von Arbeitslosigkeit. Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll, dass Personen mit mehrfachen Arbeitslosigkeitserfahrungen ihren Gesundheitszustand als deutlich schlechter wahrnehmen als Personen mit einmaliger bzw. keinen Arbeitslosigkeitserfahrungen und auch psychisch häufiger unter depressiven bzw. ängstlichen Symptomen leiden. Darüber hinaus gehen Arbeitslosigkeitserfahrungen einher mit einer wesentlich kritischeren Einschätzung der deutschen Wiedervereinigung, mit mehr allgemeinen Ängsten (z. B. vor der Verteuerung des Lebens, vor Armut im Alter, vor weiteren Reformen der Regierung) oder auch mit einer deutlich pessimistischeren Einschätzung der Zukunftsperspektiven sowohl für sich selbst als auch für die eigenen Kinder.

Bezogen auf die Familiengründung zeigen die Ergebnisse, dass nicht, wie ursprünglich zu vermuten gewesen wäre, westdeutsche Familiengründungsmuster übernommen wurden, sondern dass sich eigene Dynamiken herausgebildet haben. Durchschnittlich 9% der TeilnehmerInnen geben an, keine Kinder bekommen zu wollen, das ist weniger als im bundesdeutschen Durchschnitt. Die durchschnittliche Kinderzahl der Teilnehmerinnen von 1,79 liegt deutlich über dem weiblichen ostdeutschen Bevölkerungsdurchschnitt von 1,6 (für die Altersgruppe der 20- bis 34-jährigen Frauen), was durchaus für eine stärke Familienorientierung der Teilnehmerinnen spricht. Hinsichtlich der äußeren Determinanten, die eine Familienplanung beeinflussen, wurden von den Frauen vor allem finanzielle und Vereinbarkeitsaspekte, von den Männern ebenfalls finanzielle Aspekte sowie die Qualität der Partnerschaft genannt. Für die Frauen der Stichprobe zeigt sich ganz deutlich die Doppelorientierung auf Beruf und Familie, für die Männer kann auf eine gewisse Abhängigkeit des Kinderwunsches von der Partnerin bzw. der aktuellen Partnerschaft geschlossen werden. Ein weiteres Kriterium, welches sich nachweislich auf die Gründung einer Familie auswirkt, ist die Erfahrung von Arbeitslosigkeit, wenn diese 12 Monate oder länger andauert.

Weitere Informationen

Förderung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Friedrich-Ebert-Stiftung,
Hans-Böckler-Stiftung, Otto Brenner Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung,
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Laufzeit:
1987 – 2017

Philipp-Rosenthal-Str. 55, Haus W
04103 Leipzig
Chefsekretariat:
0341 - 97 18800
Wiss. Sekretariat:
0341 - 97 18803
Fax:
0341 - 97 15419
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