Sie sind hier: Skip Navigation LinksUniversitätsmedizin Leipzig

Pressemitteilung vom 29.09.2023

Neue Erkenntnisse über die Organisation von Sprache im menschlichen Gehirn

Leipziger Wissenschaftler:innen publizieren bisher größte Metaanalyse zur Sprachverarbeitung

Die aktuelle Studie Leipziger Wissenschaftler:innen vermittelt erstmals ein klares Bild, wo Sprachprozesse im Gehirn konkret zu lokalisieren sind.

Die aktuelle Studie Leipziger Wissenschaftler:innen vermittelt erstmals ein klares Bild, wo Sprachprozesse im Gehirn konkret zu lokalisieren sind.

Eine aktuelle Studie vermittelt erstmals ein klares Bild, wo Sprachprozesse im Gehirn konkret zu lokalisieren sind. Die gewonnenen Erkenntnisse können unter anderem bei klinischen Studien zur Erholung des Sprachvermögens nach Hirnverletzungen nützlich sein. Dr. Sabrina Turker, Dr. Philipp Kuhnke und Prof. Dr. Gesa Hartwigsen vom Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig und vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften haben die Metaanalyse in Kooperation mit Wissenschaftler:innen des Forschungszentrum Jülich durchgeführt. Ihre Ergebnisse haben sie in der renommierten Fachzeitschrift Psychological Bulletin veröffentlicht.

Schematische Illustration des Beitrags subkortikaler Regionen und Regionen des Kleinhirns zur Verarbeitung von Sprachbedeutung (SEM), Grammatik (SYN) und lautlichen Eigenschaften von Buchstaben, Silben und Wörtern (PHON) und Sätzen (PROS). Während viele Regionen im Kleinhirn und im Subkortex für drei Subdomänen (SEM, PHON, SYN) eine Rolle spielen, dient die Amygdala allein der Verarbeitung von Sprachmelodie, -rhythmus und -intonation (PROS).

Sprache ist das wichtigste Instrument für die menschliche Kommunikation und für ein Leben in unserer Gesellschaft unerlässlich. „Trotz zahlreicher neurowissenschaftlicher Forschung zur Repräsentation von Sprache gab es bisher wenig Befunde zur Organisation der Sprache im menschlichen Gehirn. Viele unserer Erkenntnisse stammen aus einzelnen Studien mit geringen Proband:innenzahlen und konnten in Folgestudien nicht bestätigt werden“, sagt Dr. Sabrina Turker vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Die Metastudie schaffe nun Abhilfe.

Basierend auf mehr als 400 neurowissenschaftlichen Experimenten mit funktioneller Bildgebung und mit einer Zahl von über 7.000 Proband:innen liefert die Analyse fundierte Erkenntnisse über die Organisation der Sprache im Gehirn. Um die Vielzahl an Befunden aus verschiedenen Studien möglichst vollständig und objektiv zu integrieren, wurde eine quantitative, koordinatenbasierte Metaanalyse angewendet. Damit lässt sich feststellen, wo im Gehirn Aktivierung für bestimmte Sprachprozesse zu finden ist. Dieser Ansatz bietet Einblicke in grundlegende Organisationsprinzipien des Gehirns für die Sprachverarbeitung. Die Wissenschaftler:innen untersuchten nicht nur Sprache als Prozess allgemein, sondern widmeten sich explizit untergeordneten Prozessen: der Bedeutung von Sprache auf Wort- und Satzebene (Semantik), der lautlichen Struktur (Phonologie), der Anordnung sprachlicher Elemente/Grammatik (Syntax) und der lautlichen Struktur von Sprache auf Satzebene (zum Beispiel Melodie, Intonation, Rhythmus, Prosodie).

Neben sogenannten „klassischen“ Sprachregionen in der linken Hirnhälfte, so fanden die Autor:innen der Studie heraus, spielen vor allem Strukturen in den Hirnregionen unterhalb der Großhirnrinde und das Kleinhirn eine tragende Rolle bei sprachlichen Prozessen. „Diese Regionen wurden in der bisherigen neurowissenschaftlichen Forschung zur Sprache eher stiefmütterlich behandelt“, konstatiert Gesa Hartwigsen, Professorin für Kognitive einschließlich Biologische Psychologie an der Universität Leipzig. „Besonders jene Prozesse, die die Sprachbedeutung und die Verarbeitung von Lauten betreffen, werden vom linken und rechten Kleinhirn unterstützt. Ebenso hängen über das Wort hinausgehende, lautliche Muster, die auch die emotionale Bedeutung weitergeben, mit der Aktivierung in der rechten Amygdala, einem paarigen Kerngebiet des Gehirns, zusammen.“ Dieser Teil beeinflusse Emotion und Erinnerung. „Unsere Erkenntnisse können künftigen Studien zur Erholung der Sprache nach Hirnverletzungen, ausgelöst beispielweise durch Schlaganfälle, dienen“, ergänzt Prof. Dr. Gesa Hartwigsen. „Und sie können dabei helfen, Modelle der Sprachverarbeitung zu verfeinern.“

Originalveröffentlichung in Psychological Bulletin:
Turker S., Kuhnke P., Eickhoff SB., Caspers S. und Hartwigsen G. "Cortical, Subcortical, and Cerebellar Contributions to Language Processing: A Meta-Analytic Review of 403 Neuroimaging Experiments.",  https://doi.org/10.1037/bul0000403

Darstellung des Sprachnetzwerks im menschlichen Gehirn basierend auf den Ergebnissen von 403 Studien. Zusätzlich zu den bereits bekannten Sprachregionen in der linken Hemisphäre (L) heben die Ergebnisse der Meta-Analyse den Beitrag rechtshemisphärischer, homologer Areale (R), subkortikaler Strukturen und des Kleinhirns hervor.
Dr. Sabrina Turker
Prof. Dr. Gesa Hartwigsen

​Haben Sie Fragen?

Für allgemeine Fragen wenden Sie sich an die Zentrale (24h).

0341 – 97 109

Kontakt für Medien-Vertreter:innen

Gern vermitteln wir Ihnen Expert:innen und unterstützen Sie bei Drehanfragen.

Universitätsklinikum Leipzig

Helena Reinhardt
0341 – 97 15905

 

Medizinische Fakultät

Peggy Darius
0341 – 97 15798

 

​Hinweise zu den Fotos

Wir weisen darauf hin, dass unsere Fotos ausschließlich im Zusammenhang mit den Pressemitteilungen verwendet werden dürfen. Eine weitergehende Nutzung bedarf der vorherigen ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung.