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Chronische Pankreatitis

Die Krankheit

​Unter den gutartigen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse spielt die Entzündung des Organs, die chronische Pankreatitis (CP), die wichtigste Rolle. Bei der CP kommt es im Rahmen einer chronischen Entzündung zu einem progredienten Verlust von funktionellem Bauchspeicheldrüsengewebe, das durch fibrotisches Bindegewebe ersetzt wird. Klinisch ist die CP charakterisiert durch wiederholt auftretende oder fortdauernde starke Oberbauchschmerzen und einen Verlust der exokrinen und endokrinen Funktion.

Ein erhöhter Alkoholkonsum ist für 70 - 85 Prozent der Fälle verantwortlich und damit die häufigste Ursache der CP. Bei ca. 20 - 25 Prozente der Patienten, bei denen die CP keiner anderen Ursache sicher zugeordnet werden kann, wird eine idiopathische CP diagnostiziert. Bei fast der Hälfte dieser Patienten mit sog. idiopathischer CP liegen prädisponierende Genmutationen vor. Bei etwa 5 Prozent der Patienten ist die CP auf andere seltene Ursachen zurückzuführen. Hier spielen sowohl mechanische (z.B. die obstruktive chronische Pankreatitis bei Pankreasgangstenose nach Trauma oder schwerer akuter Pankreatitis und evt. auch das Pankreas divisum, wenngleich dies als Ätiologie umstritten ist) als auch stoffwechselbedingte (metabolische) Erkrankungen (z.B. Kalziumstoffwechselerkrankungen beim Hyperparathyreoidismus oder Fettstoffwechselstörungen bzw. die Hypertriglyceridämie) eine Rolle.

Unabhängig von der exakten Entstehungsursache der CP kommt es im Verlauf immer zu einer obstruktiven (= einengenden) Komponente mit Dilatation (= Erweiterung) von Teilen des Gangsystems, dessen Dekompression (= Entlastung / Entstauung) eines der wichtigsten Ziele der interventionellen und chirurgischen Therapiemaßnahmen darstellt.

Dabei spielen im Wesentlichen zwei Mechanismen eine Rolle, die letztlich zum Sekretstau im Gangsystem führen:

  1. Die Einengung des Gangsystems durch Fibrose im angrenzenden Parenchym (= Gewebe) und
  2. Eine Veränderung der Zusammensetzung des Sekrets, die primär oder in Kombination mit einem Sekretstau zur Ausfällung von Proteinen (= Eiweißen) und Kalk mit konsekutiver Bildung von Konkrementen (= Steinen im Pankreasgang) führt und damit den Sekretstau noch verschlechtert.

 

Gleichzeitig können im Rahmen der Entzündung und Fibrosierung verschiedene andere lokale Komplikationen auftreten. Bei 80 - 90 Prozent der Patienten stehen klinisch ausgeprägte Schmerzen im Vordergrund, an deren Entstehung mehrere der o.g. Mechanismen beteiligt sind. Histopathologisch (= feingeweblich) wird die chronische Pankreatitis in die alkoholische chronische, die hereditäre (= erblich) chronische (als häufigste Pankreatitis des Kindesalters, autosomal-dominant verebt), die autoimmune Pankreatitis, die paraduodenale chronische und die obstruktive chronische Form eingeteilt. Hier finden sich morphologisch unterschiedliche Gewebeveränderungen, so dass spezielle Unterformen, wie z.B. die autoimmune Pankreatitis, mit großer Treffsicherheit in einer Biopsie diagnostiziert werden können. Als Besonderheit ist die tropische Pankreatitis eine Form der idiopathischen Pankreatitis, die besonders junge Patienten betrifft. Klinisch ist diese Form der CP vor allem durch eine hohe Inzidenz eines Diabetes und die frühe Ausbildung von Verkalkungen gekennzeichnet.

Die CP stellt einen erheblichen Risikofaktor dar, um später an einem Pankreaskarzinom zu erkranken. Die Zahl steigt deutlich bei der hereditären Pankreatitis. Der natürliche Verlauf einer CP ist auch ohne die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms ungünstig, denn im Vergleich zur Normalbevölkerung haben Patienten mit CP eine 4-fach höhere Letalität, welche mit Herzkreislauferkrankungen, anderen Neoplasien und gastrointestinalen Erkrankungen, wie z.B. Blutungen, assoziiert sein kann.

Pseudozysten bei chronischer Pankreatitis

Pseudozysten bei chronischer, oder auch nach akuter Pankreatitis sind häufig. Sie bilden sich meist spontan zurück und bedürfen keiner weiteren Behandlung.
Pseudozysten, welche allerdings Symptome verursachen oder zu Komplikationen führen, sollten entweder endoskopisch-interventionell oder chirurgisch behandelt werden. Die Beurteilung erfolgt am besten mittels endoskopischen Ultraschalls (Endosonographie).

Wenn allerdings keine Symptome vorliegen, die Pseudozysten sich aber nicht nach 6 Wochen zurückbilden oder > 5 cm im Durchmesser betragen, können diese behandelt werden, wobei verschiedene endoskopische (z.B. transpapilläre oder transmurale endoskopische Pseudozystendrainage) wie chirurgische Optionen (z.B. Zystojejunostomie) zur Verfügung stehen.

Grund für die Indikation zur Therapie ist die hohe Komplikationsrate großer Pseudozysten. Eine dringliche Indikation zur Operation besteht immer bei Verdacht auf ein Malignom (= bösartiger Tumor) oder dessen Vorstufe, da hier ein kurativer Ansatz besteht, d.h. Heilung durch Resektion, erreicht werden kann.

Chirurgische Therapieoptionen

1. Drainageoperationen bei chronischer Pankreatitis

Da eine wesentliche Theorie der Schmerzentstehung bei der CP die Druckerhöhung im Pankreasgangsystem ist und ursächlich kalzifizierende und fibrosierende Prozesse im Pankreasgangsystem vorliegen, die zu Verengungen und Abflußbehinderungen führen, spielen Gangdrainagen (=Entlastungen des Gangsystems) in der Therapie eine zentrale Rolle. Diese können endoskopisch oder chirurgisch erfolgen.
Unter den endoskopischen Verfahren werden neben der Einlage von Stents die Steinentfernung aus dem Gangsystem sowie Steinzertrümmerungen angewandt. Es sind auch mehrfache endoskopische Eingriffe möglich und durch Anwendung moderner Techniken in der endoskopischen Gangdrainage konnte die Rate an Patienten, welche chirurgisch behandelt werden muss, in den letzten Jahren gesenkt werden. Diese endoskopischen Maßnahmen sind allerdings mit wiederholten Kliniksaufenthalten und Interventionen verbunden, zumal auch Stentwechsel in 3-monatigen Abständen zu erfolgen haben.
Patienten nach nicht erfolgreicher endoskopischer Therapie profitieren somit von einer Operation. Ergebnisse einer prospektiv-randomisierten Studie zeigten, dass die chirurgische der endoskopischen Therapie in den wichtigen Zielen (i) primärer Erfolg der Maßnahme, (ii) Schmerzbehandlung und (iii) Lebensqualität deutlich überlegen ist. Bei der Mehrzahl der Patienten mit CP (ca. 85 Prozent) zeigt sich ein entzündlicher Pseudotumor im Pankreaskopf, der durch rein drainierende Operationen nicht adäquat behandelt wird. Hier ist eine Resektion indiziert (s.u.).

Indikationen für eine chirurgische Gangdrainage bestehen bei folgenden Konstellationen:

  • Erweitertes Pankreasgangsystem > 7 mm ohne entzündlichen Pankreaskopftumor
  • Aufstau des Pankreasgangs bei portaler Hypertension mit Verschluß der mesenteriko-portalen Achse
  • „Small duct"-chronische Pankreatitis

Verfahren der operativen Gangdrainage in der Behandlung der chronischen Pankreatitis:

  • Operation nach Puestow und Gillesby: Laterale Dekompression (=seitliche Entlastung) des Pankreasgangs im Pankreasschwanz bis zum Körper (historisches Verfahren).
  • Operation nach Partington-Rochelle: Latero-laterale Dekompression des Pankreasgangs unter Einschluß der Nebengänge. Hier ist eine primäre Schmerzfreiheit bei 60 - 90 Prozent aller Patienten zu erreichen. Rezidivierende Schmerzen liegen bei ca. 30 Prozent nach 3 - 5 Jahren.


Verfahren nach Partington-Rochelle mit a longitudinaler Gangspaltung und b lateraler Pankreatikojejunostomie; Quelle: Bellon et al. Chirurg 2017; 88:18 - 24

  • Operation nach Frey: Latero-laterale Dekompression des Pankreasgangs verbunden mit einer Ausschälung des Pankreaskopfes. Dieses Verfahren verbindet die Einfachheit der drainierenden Operation mit der Entlastung des Pankreaskopfes und kann daher als „Hybrid-Verfahren" angesehen werden. Die Ergebnisse sind den rein drainierenden Verfahren überlegen. Die Frey-Operation - unter Erweiterung der Drainage auf eine ausreichende Resektion des entzündlichen Pankreaskopftumors - liefert hervorragende Langzeitergebnisse im Vergleich zur klassischen Drainageoperation. Sie zeigt in vergleichenden Studien zu den resezierenden Verfahren (s.u.) keine wesentliche Unterschiede bezüglich Schmerzfreiheit, Lebensqualität sowie endokrine und exokrine Funktion des Pankreas.


Frey-Prozedur mit duodenumerhaltender Pankreaskopfresektion und longitudinaler Spaltung des Ganges nach lateral; b Rekonstruktion mittels longitudinaler lateraler Pankratikojejunostomie; Quelle: Bellon et al. Chirurg 2017; 88:18 - 24

  • Operation nach Izbicki: V-förmige Exzision des Parenchyms (= Gewebes) der
      Bauchspeicheldrüsen-Vorderfläche mit Einbeziehung des Pankreaskopfes für
      die Indikation der „Small duct"-chronischen Pankreatitis mit einem Gangdurch-
      messer von 3 mm oder weniger.


"V-Shape" der ventralen Pankreasfläche mit b duodenumerhaltender Pankreaskopfresektion; Quelle: Bellon et al. Chirurg 2017; 88:18 - 24

2. Resezierende OP-Verfahren bei chronischer Pankreatitis

2.1. Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion (DEPKR) nach Beger
Insbesondere bei Patienten mit chronischer Pankreatitis und entzündlichem Pankreaskopftumor erlaubt diese von Beger entwickelte Methode, eine organ- und funktionserhaltende Resektion des entzündlich veränderten Pankreaskopfes mit einer Dekompression (= Entlastung) von Pankreasgang, Gallengang und Pfortaderachse. Modifikationen stellen die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion nach Frey (s.o.), die Berner Modifikation bzw. die longitudinale V-förmige Exzision nach Izbicki (s.o.) dar. Die Verfahren unterscheiden sich voneinander bezüglich des Resektionsausmaßes im Kopfbereich, im Ausmaß der Pfortaderentlastung, in der Einbeziehung einer biliodigestiven Anastomose (= Neuverbindung zwischen Gallengang und Dünndarm) sowie in der Technik der Pankreasanastomose.

Bei der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion (DEPKR) nach Beger wird nach Durchtrennung des Organs auf Pfortaderebene eine subtotale Resektion des Pankreaskopfes einschließlich des Processus uncinatus vorgenommen. Somit bleibt das Duodenum (= Zwölffingerdarm) erhalten und zugleich ein schmaler Gewebesaum des Pankreasrestes im Bereich der hinteren Pankreaskapsel. Im Anschluß erfolgt die Pankreatikojejunostomie (=Neuverbindung zwischen Rest-Bauchspeicheldrüse und oberem Dünndarm) auf die linksseitige Resektionsfläche und auf den verbleibenden Gewebeteil im Bauchspeicheldrüsenrest des Kopfes über eine gemeinsame, nach Y-Roux ausgeschaltete Dünndarmschlinge. Prinzipiell wird bei der DEPKR das entfernte Gewebe mittels eines intraoperativen Schnellschnitts vom Pathologen auf das Vorliegen eines okkulten (= verborgenen) Pankreaskarzinoms untersucht, da hierdurch das Resektionsausmaß auf eine onkologische Operation (=klassische Duodenopankreatektomie oder pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie) (Pankreaskarzinom) erweitert werden muss. Vorteile der DEPKR sind geringe Morbiditätsraten (ca. 15 - 30 Prozent), äußerst geringe Letalitätsraten (0 - 3 Prozent) und eine dauerhafte Verbesserung der Schmerzsymptomatik bei 75 - 90 Prozent der Patienten mit CP. Entscheidend ist, dass bei dieser Operation, im Vergleich zu den onkologischen Operationen (klassische bzw. pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie), die Passage zwischen Magen und Zwölffingerdarm sowie zwischen Hauptgallengang und Zwölffingerdarm erhalten bleibt.
Diese organerhaltende und gewebesparende Resektionstechnik ermöglicht es, ein Maximum an endokriner und exokriner Funktion zu bewahren.

2.2. Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion (DEPKR) nach Frey
Bei der von Frey beschriebenen Variante der DEPKR wird ebenfalls eine Entfernung von Gewebe im Pankreaskopf und Processus uncinatus vorgenommen, die mit einer longitudinalen Pankreatikojejunostomie (= Neuverbindung zwischen Bauchspeicheldrüse und oberem Dünndarm) im Pankreaskörper und -schwanz kombiniert wird (Drainageoperationen bei chronischer Pankreatitis).
Im Gegensatz zur DEPKR nach Beger erfolgt bei der Technik nach Frey jedoch keine Durchtrennung des Pankreas auf Pfortaderebene. Außerdem ist die longitudinale Neuverbindung zwischen Bauchspeicheldrüse und oberem Dünndarm ein obligater Bestandteil dieser Operationsmethode, wohingegen dieser Schritt bei der DEPKR nach Beger lediglich optional ist. Zudem ist das Resektionsausmaß im Pankreaskopf bei Frey geringer als bei Beger, weshalb auch von einer „limitierten" oder „lokalen" Resektion gesprochen wird. Somit ist dieses Verfahren insbesondere für Patienten mit einem nur gering ausgeprägten entzündlichen Pankreaskopftumor (Pseudotumor) geeignet, bei denen gleichzeitig die Erweiterung des Pankreasgangs im Vordergrund steht.

2.3. Berner Modifikation der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion (DEPKR)
Die sogenannte Berner Modifikation der DEPKR kombiniert die Merkmale der DEPKR nach Beger und nach Frey. Analog der Technik nach Beger erfolgt eine subtotale Resektion des Pankreaskopfes mit Dekompression und ggf. Eröffnung des im Bauchspeicheldrüsenkopf verlaufenden Gallenganges mit entsprechender Neuverbindung. Bei der Berner Modifikation unterbleibt - vergleichbar zur DEPKR nach Frey - die Durchtrennung des Organs auf Pfortaderebene.

2.4. Partielle Duodenopankreatektomie und totale Pankreatektomie bei der chronischen Pankreatitis
Die partielle Duodenopankreatektomie und die totale Pankreatektomie sind OP-Verfahren, die insbesondere in der chirurgischen Therapie des Pankreaskarzinoms zur Anwendung kommen (Pankreaskarzinom). Die Pankreaskopfresektion oder totale Pankreatektomie sind sichere und effektive Methoden in der Therapie der CP. Allerdings sind bei gleichwertigen Langzeitergebnissen die verschiedenen Techniken der DEPKR (siehe 2.1. bis 2.3)  im Sinne eines schonenderen, organerhaltenden Eingriffs vorzuziehen. In der Heidelberger Metaanalyse zum Vergleich der DEPKR mit der pyloruserhaltenden Pankreaskopfresektion konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse hinsichtlich der Schmerzausschaltung und der endokrinen Insuffizienz gleichwertig sind. Mittelfristig hat jedoch die duodenumerhaltende Resektion Vorteile beim Erhalt der endokrinen Funktion, der postoperativen Gewichtszunahme und der Lebensqualität. Die totale Pankreatektomie sollte nur in Einzelfällen bei CP nach strenger Indikationsstellung durchgeführt werden. Die autosomal-dominant vererbte hereditäre Pankreatitis stellt eine Indikation zur totalen Pankreatektomie dar, da betroffene Patienten ein 50 - 70fach erhöhtes relatives Risiko (Lebenszeitrisiko: ca. 45 Prozent) haben, ein Pankreaskarzinom zu entwickeln. Hier verhindert nur die totale Entfernung der Bauchspeicheldrüse sicher das Auftreten eines Karzinoms, wenngleich derzeit keinerlei datenbasierte Beweise für den Nutzen einer prophylaktischen OP vorliegen.

Gerne beraten wir Sie auch im Rahmen Zweitmeinung hinsichtlich einer möglichen Indikation zur Operation. Bitte bringen Sie hierzu alle vorliegenden Befunde inklusive der aktuellen radiologischen Bildgebung auf einer CD in unsere Sprechstunde mit.

Ihre Befunde werden individuell gemeinsam mit den Pankreas-Experten des Universitätsklinikums Leipzig in unserem wöchentlich stattfindenden Tumorbaord besprochen.

Gerne beraten wir Sie auch ausführlich in unserer Spezialsprechstunde Pankreas.

Liebigstraße 20, Haus 4
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Telefon:
0341 - 97 17200
Fax:
0341 - 97 17209
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