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„Mama, werde ich jetzt doch ein normales Kind?“<img alt="Felix (re.), auf dem Schoß von Mama Lea Brandt sitzend, „erklärt“ Prof. Christian Klemann (li.) noch einmal, wie Immunglobulinsubstitution funktioniert. Der Sechsjährige leidet am Hyper-IgE Syndrom (HIES), einer seltenen angeborenen chronischen Erkrankung. Er braucht regelmäßig diesen „Cocktail“ aus Spenderantikörpern und muss daher genau wissen, wie dieser in seinen Körper gelangt." src="/presse/PressImages/pic_20240506114944_dc3a89d0d4.jpg" style="BORDER&#58;px solid;" />2024-05-05T22:00:00ZLeipzig. Seltene Erkrankungen – so sagt es bereits der Name – kommen, jede für sich gesehen, nur in geringer Zahl vor. Für alle Nicht-Betroffenen erst einmal ein glücklicher Umstand, im Umkehrschluss bedeutet es jedoch auch, dass diese Erkrankungen oft schwerer zu erkennen sind und es weniger Expert:innen gibt, die sich mit Diagnose und möglichen Therapien auskennen. Die Kinderklinik des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) ist ein Anlaufpunkt für Kinder und Jugendliche mit Immundefekten, rheumatischen Erkrankungen und seltenen Infektionen. Prof. Christian Klemann leitet den Bereich. Der 41-Jährige Kinderarzt hat sich früh in seiner Laufbahn auf das kindliche Immunsystem und dessen vielfältige Störungen spezialisiert. Zu ihm kommen sozusagen die ganz seltenen Fälle – wenn es sein muss, auch mit mehreren hundert Kilometern Anfahrtsweg. Wie im Fall des sechsjährigen Felix: Er leidet seit Geburt an einem Immundefekt namens Hyper-IgE-Syndrom. Seine Eltern kommen mit ihm aus dem niedersächsischen Oldenburg zur Untersuchung ans UKL nach Leipzig. Und sie tun das gern, denn Prof. Klemann war es, der die Krankheit bei Felix als Erster diagnostizierte und damit eine jahrelange Unsicherheit beendete. <p>Das Hyper-IgE Syndrom (HIES) ist eine seltene angeborene chronische Erkrankung, die unter anderem auf einer Fehlsteuerung des Abwehrsystems beruht. Mehrere Strukturen im Körper sind gleichzeitig betroffen. Die wesentlichen Symptome sind wiederkehrende Abszesse der Haut und Weichteile, Lungenentzündungen, sowie eine ekzemartige Hauterkrankung, die oft schon im frühen Säuglingsalter auftritt.</p> <p>Auch gröbere Gesichtszüge, ein fehlendes Ausfallen der Milchzähne, eine Schiefstellung der Wirbelsäule und erhöhte Knochenbruchgefahr gehören zu den Symptomen, genauso wie chronische Pilzinfektionen des Nagelbetts.<br><br></p> <p><strong>&quot;Ein wenig wie bei 'Dr. House'.&quot;</strong><br>Prof. Christian Klemann untersucht intensiv die Füße von Felix&#58; &quot;Hier haben wir es&quot;, und zeigt Mutter Lea Brandt die Stelle, die er meint, in einem Zehenzwischenraum&#58; &quot;Das ist eines der Probleme bei dieser Krankheit&#58; Es kann zu Pilzbefall an den Füßen kommen&quot;, sagt er und schiebt ein aufmunterndes &quot;Du machst das klasse, Kumpel&quot; in Richtung des Jungen hinterher. Felix ist sechs Jahre alt, Klemann kennt ihn, seit er drei war.&#160;</p> <p>Damals, an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), gelangen die Unterlagen mit dem Fall eines Jungen auf seinen Platz. Eher durch Zufall, um einen diagnostischen Aufenthalt zu planen. Was er liest, zeichnet die Odyssee eines kranken kleinen Kindes und seiner verunsicherten und fast schon am Ende ihrer Kräfte befindlichen Eltern durch Arztpraxen und Krankenhäuser nach. Der kleine Felix kennt Intensivstationen und Operationssäle, verbringt viele Wochen seines jungen Lebens stationär. Und das Bedrückendste&#58; Niemand kann der Familie genau sagen, woran er leidet.&#160;</p> <p>24 Stunden nach seiner Geburt im November 2017 erleidet Felix einen Krampfanfall nach einer Hirnblutung, es folgen dreieinhalb Monate Krankenhaus, mehrere OPs. Wenig später steckt er sich bei einem Kinderarztbesuch mit RS-Viren an. Der daraus resultierende schleimige Husten und eine schwere Bronchitis verschwanden danach nie wieder komplett. Hinzu kommt ein schwerer Hautausschlag, &quot;Neurodermitis&quot;, wird den Eltern gesagt. In Oldenburg liegt Felix sechs Wochen auf einer Intensivstation wegen einer Lungenentzündung. Alle Tests führten zu keiner Erkenntnis, was die Ursache dieser ganzen Probleme sein könnte.&#160;<br><br></p> <p>Lea und André Brandt, die mehr und mehr verzweifelten Eltern, wurden häufig vertröstet. Oft hörten sie, dass &quot;sich alles verwachsen wird mit der Zeit&quot; - bis ein Arzt die Unterlagen schließlich an Prof. Christian Klemann in der MHH schickte, dieser sich in den Fall vertiefte und bereits beim Lesen einen Verdacht hegte. Es folgte ein erstes langes Telefonat mit Mutter und Vater Brandt, in dem er sich nochmals Krankheitsgeschichte und Symptome erklären ließ. &quot;Ich bat anschließend die überraschten Eltern um ein Foto von Felix sowie Fotos von ihnen selbst&quot;, erzählt der Mediziner. Der Vergleich erhärtete seinen Verdacht, traten beim Kind nämlich subtile, aber für den Experten bemerkbare Abweichungen in der Gesichtsform auf. &quot;Ich erkannte bei Felix eine etwas höhere Stirn, eine leicht breitere Nase und eine veränderte Gaumenform. Alles deutete auf HIES hin. Es war ein wenig wie in der Fernsehserie 'Dr. House'&quot;, erinnert er sich schmunzelnd, aber er war sich nun ziemlich sicher.&#160;<br><br></p> <p><strong>Die richtige Diagnose</strong><br>&quot;Wir wurden in die Sprechstunde nach Hannover eingeladen&quot;, blickt Lea Brandt auf die schicksalhaften Momente vor etwa drei Jahren zurück. &quot;Wir warteten mit Felix im Spielbereich, als Prof. Klemann kam und einfach zu uns sagte&#58; 'Ich weiß, was er hat!' - Diesen Moment vergesse ich nie&quot;, erinnert sich die Mutter. Die Diagnose HIES schockierte natürlich erst einmal. Schnell folgte jedoch große Erleichterung, als endlich klar wurde, an was Felix wirklich leidet und wie man ihm helfen kann.&#160;</p> <p>Noch im Uniklinikum der niedersächsischen Landeshauptstadt erhielt Felix seine erste Immunglobulingabe sowie eine Antibiotikatherapie, keimreduzierende Hautwaschungen und Atemphysiotherapie. Sogleich ging es dem Jungen besser, der Zustand der Haut verbesserte sich, der Husten verschwand. &quot;Felix wurde zwar geimpft wie alle kleinen Kinder, aber man konnte keine schützenden Antikörper im Blut nachweisen&quot;, erklärt Prof. Christian Klemann. Felix´ Organismus sei zwar in der Lage, eigene Antikörper zu bilden, &quot;aber die tun wegen seines angeborenen Immundefekts nichts, die schwimmen sozusagen nutzlos herum&quot;, erläutert der Kinderarzt es mit einfachen Worten.&#160;<br><br></p> <p>Deshalb braucht Felix Spenderantikörper. Dabei wird - ähnlich wie bei einer Blutspende - Blutplasma von hunderten Spender&#58;innen kombiniert, um einen gegen viele verschiedene Erreger wirksamen Antikörpercocktail zu transfundieren. Per so genannter IgG-Substitutionstherapie werden fehlende Immunglobuline ersetzt - Woche für Woche. Diese können nicht einfach als Tablette oder Saft eingenommen werden. Sie müssen regelmäßig intravenös, also in die Vene, oder subkutan, das heißt, in das Unterhautfettgewebe, verabreicht werden. Für Felix ist diese Handlung mittlerweile so normal und eingeübt wie Zähne putzen. Die Immunglobulin-Substitution bietet Schutz vor Infektionen. Meist bleibt der Antikörpermangel ein Leben lang bestehen, daher erfolgt auch die Immunglobulin-Therapie dauerhaft.</p> <p>Sämtliche Bluttests aus der Zeit &quot;davor&quot; hatten zudem immer wieder fälschlicherweise ergeben, dass Felix eigentlich gegen so gut wie alles allergisch sei und vieles nicht essen dürfe. &quot;Dank der richtigen Diagnose kann er nun wieder alles essen und trinken, das erleichtert den Alltag&quot;, sagt Mutter Lea.&#160;</p> <p>&quot;Nicht alle Symptome sind therapierbar, wie zum Beispiel die Bindegewebsschwäche oder die erhöhte Frakturgefahr&quot;, betont jedoch Kinderimmunologe Klemann auch gleich, &quot;darauf müssen die Eltern stark achten.&quot;<br><br></p> <p><strong>Mal wieder Urlaub planen</strong><br>Nach dem Wechsel Prof. Klemanns von Hannover nach Sachsen im Herbst 2022 ist für Vater André schnell klar&#58; &quot;Wo gehen Sie hin? Nach Leipzig? Kein Problem, wir kommen auch dorthin.&quot; Die über 400 Kilometer hin und genauso viele zurück würden Felix nichts ausmachen, denn er fühle sich wohl bei &quot;seinem&quot; Arzt, betonen die Eltern. &quot;Für uns bedeutete das alles nach diesen schweren ersten Jahren eine enorme Erleichterung&quot;, berichtet Lea Brandt. &quot;Felix kann einfach mit anderen Kindern spielen, wir können Urlaub planen.&quot; Zu Beginn der Behandlungen in Hannover habe sie Felix einmal gefragt&#58; &quot;Mama, werde ich jetzt doch ein normales Kind?&quot;, erinnert sich Lea Brandt mit brüchiger Stimme.&#160;<br><br></p> <p>Doch trotz aller Erfolge und guten Entwicklungen muss die Familie, zu der seit drei Jahren auch noch eine kleine Schwester gehört, jederzeit an vieles denken. Sind sie unterwegs, haben sie immer Felix´ gesamte Krankengeschichte bei sich, falls er mal bei Mediziner&#58;innen vorstellig werden muss, die den Fall nicht kennen. Lea Brandt zählt mehr auf&#58; &quot;Felix muss täglich duschen, zwei Mal täglich muss er inhalieren, zwei Mal pro Tag wird er eingecremt, er erhält eine spezielle Atem-Physiotherapie, geht zur Logo- und zur Ergotherapie. Die Woche ist voll&quot;, berichtet die Mutter.</p> <p>&quot;Felix´ Immunsystem hat spezifische Schwächen gegen Hefepilze und Staphylokokken, von denen aber sehr viele Menschen besiedelt sind, ohne jemals Probleme damit zu haben. Bei Felix müssen jedoch dauerhaft Antibiotika eingenommen werden und Waschungen erfolgen, um die Keimlast niedrig zu halten, was seiner Haut sichtbar hilft.&quot; erklärt Prof. Klemann während der Untersuchung des Jungen. Dann klatscht er freundschaftlich mit Felix ab, als dieser ihm noch einmal ganz korrekt erklärt, wie er die Immunglobulingabe selbst vornimmt. Geübt ist eben geübt.<br><br></p> <p><strong>Hoffnung auf Gentherapie</strong><br>Im heutigen Mediziner-Alltag bleibe oft keine Zeit, viele Papiere zu lesen und lange Gespräche mit den Betroffenen zu führen, meint UKL-Kinderimmunologe Klemann, als er mit Felix fertig ist. An die Eltern gewandt, sagt er&#58; &quot;All´ die Jahre hatten Sie beide immer gespürt, da stimmt etwas nicht. Das Inspirierende bei Ihnen war und ist, dass Sie drangeblieben sind, trotz der vielen vagen Vertröstungen und auf Ihr Gefühl gehört haben, dass mehr dahinterstecken könnte.&quot; Lea Brandt antwortet, wie dankbar sie seien, diese Betreuung zu erhalten&#58; &quot;Auch unser Hausarzt ist dadurch so gut informiert, dass er uns jetzt viel besser betreuen kann.&quot;<br><br></p> <p>Christian Klemann wagt noch einen Ausblick in die Zukunft&#58; &quot;Stand heute braucht Felix sein Leben lang Immunglobuline und Antibiotika. Immer besteht die Gefahr schwerer bakterieller Infektionen. Pilzbekämpfungsmittel wirken vielleicht später weniger, wenn Resistenzen steigen. Doch ich bin zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren auch für diese und ähnliche seltene Krankheiten Gentherapien entwickelt werden könnten, daher ist eine Förderung der universitären Forschung so wichtig, denn gewinnorientierte Unternehmen können an solch seltenen Erkrankungen nicht gut verdienen&quot;, so der UKL-Spezialist für Immundefekte. &#160;<br><br></p> <p><strong>&quot;Mehrere Patient&#58;innen mit ultra-seltenen Erkrankungen in der Betreuung&quot;</strong><br>Störungen des Immunsystems werden häufig als Abwehr- oder Immunschwäche, Immundefizienz oder Immundefekt bezeichnet. Hierbei kann es sich um eine angeborene oder im Laufe des Lebens erworbene Störung handeln.<br>Prof. Klemann und sein Team sind spezialisiert auf Erkrankungen, die durch eine solche Abwehrschwäche (Immundefekt) gekennzeichnet sind. Sie verfügen dabei über viel klinische Erfahrung und Möglichkeiten der Spezial-Diagnostik, wie sie nur an wenigen Zentren in Deutschland zur Verfügung steht.&#160;<br>Auf seine Mitarbeiter&#58;innen, zum Beispiel aus der Pflege, kann er sich jederzeit verlassen. Ihre Arbeit ist für einen möglichen Therapieerfolg eminent wichtig. So meint denn auch Schwester Nadine Steigert&#58; &quot;Viele Patient&#58;innen, die wir in unserer Sprechstunde sehen, haben bereits eine lange Odyssee, oft mit chronischen Schmerzen, hinter sich, bis letztlich eine Diagnose gestellt werden kann. Es ist schön, wenn man als Kinderkrankenschwester helfen kann, diesen Kindern und Jugendlichen ihr Selbstvertrauen zurückzugeben, wenn man mit ihnen das Spritzen ihrer Medikamente übt und sie so erfahren 'Es ist kein Problem - ich schaffe das selbst!'&quot;. &#160;<br><br></p> <p>Am UKL verzeichnet der Bereich für pädiatrische Immunologie, Kinder-Rheumatologie und -Infektiologie circa 1400 ambulante Patientenkontakte pro Jahr, also etwa 120 pro Monat, die allermeisten davon mit rheumatischen Erkrankungen, und etwa 20 mit Immundefekten.&#160;<br>Mit HIES, der gleichen Erkrankung wie Felix, betreut Prof. Klemann übrigens aktuell noch eine weitere Patientin in Leipzig. &quot;Insgesamt habe ich in meiner Laufbahn etwa zehn Menschen mit diesem Krankheitsbild betreut, was bei einer solch seltenen Erkrankung verhältnismäßig viel ist&quot;, meint der Pädiater.&#160;<br>Und zum Attribut &quot;selten&quot; weiß er aktuell noch mehr zu berichten&#58; &quot;Wir haben derzeit mehrere Patient&#58;innen mit ultra-seltenen Erkrankungen in der Betreuung, teilweise mit weniger als 10 bis 100 bekannten beziehungsweise publizierten Fällen auf der ganzen Welt. Diese Fälle finde ich natürlich besonders spannend!&quot;&#160;</p> <p><br><strong>Kontakt&#58;</strong><br>Universitätsklinikum Leipzig<br>Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin<br><a href="/einrichtungen/kinderklinik/Seiten/kinderimmunologie.aspx">Bereich Kinderimmunologie</a><br>Liebigstraße 20A<br>04103 Leipzig</p> <p>Telefon&#58; 0341 / 97-26242<br>E-Mail&#58; <a href="mailto&#58;Kinderimmunologie@uniklinik-leipzig.de">Kinderimmunologie@uniklinik-leipzig.de &#160;</a><br>Fax&#58; 0341 / 97-28194.</p> <p>&#160;</p>
Immer im Auftrag der Kinder unterwegs<img alt="Prof. Wieland Kiess geht nach 26 Jahren an der Spitze der Kinderklinik des UKL in den Ruhestand." src="/presse/PressImages/pic_20240327084719_1ada9947e0.jpg" style="BORDER&#58;px solid;" />2024-03-26T23:00:00ZLeipzig. Am 31. März 2024 endet eine Ära: Prof. Wieland Kiess, langjähriger Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig (UKL), verabschiedet sich in den Ruhestand. Mehr als ein Vierteljahrhundert steuerte er die Geschicke der universitären Kindermedizin in Leipzig, und von 2002 bis 2005 auch als Dekan die der Medizinischen Fakultät. Er baute die pädiatrische Forschung am Standort entscheidend aus, und schuf bleibende Institutionen von überregionaler Bedeutung wie das erste deutsche Childhood-Haus. <p>&quot;In diesen 26 Jahren als Direktor der Kinderklinik war Wieland Kiess ganz sicher vieles, aber niemals leise, wenn es darum ging, sich für die Gesundheit der Kinder einzusetzen&quot;, sagt Prof. Christoph Josten, Medizinischer Vorstand des UKL. &quot;Wir hatten mit ihm einen streitbaren, aber vor allem unermüdlichen Kämpfer für das Fach Pädiatrie und die Kinder mit an Bord, den wir jetzt schmerzlich vermissen werden.&quot; &#160;<br><br></p> <p>In den Jahren seit seinem Antritt 1998 baute Prof. Kiess zusammen mit seinem Team die Leipziger Kinderklinik zu einer Einrichtung mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit aus. Ein wesentlicher Meilenstein war dabei vor 13 Jahren die Etablierung des Langzeit-Forschungsprojektes LIFE Child, in dem Kinder teilweise bereits ab der Schwangerschaft der Mütter begleitet werden. Auf diese Weise ist ein unglaublicher Datenschatz gewachsen, auf dessen Grundlage eine Vielzahl wichtiger Projekte vor allem zu Fragen der Entstehung von Volkskrankheiten mit weit beachteten Erkenntnissen entstanden sind. &#160;<br><br></p> <p>Neben der Forschung galt sein Einsatz aber immer allen Aspekten des Kindeswohls&#58; Bereits 1999 etablierte er eine Kinderschutzgruppe und Kinderschutzambulanz am UKL. Aus diesen ging dank seines persönlichen Engagements das erste &quot;Childhood Haus&quot; Deutschlands hervor, das 2018 am UKL eröffnet wurde und in dem Kinder und Jugendliche betreut werden, die Gewalt oder Missbrauch erlebt haben. Inzwischen gibt es bundesweit mehrere solcher Einrichtungen.&#160;</p> <p>&#160;</p> <p>&quot;Ich sehe die Gesundheit der Kinder immer ganzheitlich, mit Blick auf alle Aspekte, auch die sozialen&quot;, erklärt Prof. Wieland Kiess seine Herangehensweise als Pädiater. Aus dieser Überzeugung heraus setzte er sich - gegen viele Widerstände - für die erfolgreiche Etablierung eines Sozialpädiatrischen Zentrums am UKL ein. Und er initiierte Projekte wie &quot;Grünau bewegt sich&quot;, mit denen vor Ort im Leipziger Stadtteil Grünau für von Adipositas und Bewegungsmangel betroffene Kinder gezielte Angebote geschaffen wurden.&#160;</p> <p>Dennoch blieb der Kinderarzt Kiess immer ganz nah bei seinen Patient&#58;innen, machte täglich Visiten auf den Stationen und behandelte in seiner Sprechstunde vor allem Kinder mit Stoffwechselstörungen. &quot;Prof. Kiess ist ein hervorragender und sehr effektiver Allgemeinpädiater, wie es sie kaum noch gibt&quot;, beschreibt ihn Dr. Werner Siekmeyer, Weggefährte fast von Anfang an. &quot;Er hat die Dinge immer sehr ernst genommen und war dadurch ein guter Arzt, ein guter Forscher und ein guter Lehrer, was in dieser Kombination selten ist&quot;, so der Oberarzt. &#160; &#160; &#160;<br><br></p> <p>Ernst nahm Wieland Kiess auch die Aufgabe, die Kinderklinik in der Stadt sichtbar zu machen und die angestoßenen Projekte nachhaltig zu verankern, auch finanziell. &#160; &#160;</p> <p>An dieser Stelle führte ihn sein großes persönliches Engagement für die Stiftung Kinderklinik in alle Bereiche der Stadtgesellschaft seiner Wahlheimat Leipzig, der der &quot;Schwarzwälder Dickschädel&quot;, wie er sich selbst bezeichnet, auch nach der Emeritierung verbunden bleibt. &#160;<br><br></p> <p>&quot;Ich finde es inzwischen fast schade, jetzt aufzuhören&quot;, sagt Prof. Kiess mit einem Zwinkern. &quot;Ich hatte das Glück, mit einem großartigen Team arbeiten zu können, ob in der Wissenschaft oder der Klinik. Das hat großen Spaß gemacht. Und ich bin sehr stolz, dass ich guten Gewissens allen Leipzigern sagen kann&#58; Sie können mit Ihrem Kind jederzeit in die UKL-Kinderklinik kommen und werden Hilfe bekommen, egal, um was es sich handelt.&quot; &#160; &#160;&#160;<br><br></p> <p>Ganz aufhören wird der Überzeugungstäter Kiess dann auch doch nicht&#58; Er bleibt im Projekt CrescNet engagiert, einem Netzwerk von Pädiatern, in dem seit 25 Jahren Daten zu Wachstum und Gewicht von Kindern erfasst und ausgewertet werden. Auch im Projekt LIFE Child wird er sich weiterhin aktiv einbringen.&#160;<br><br></p> <p>Abseits des künftigen ruhigeren Forscherlebens wird Prof. Kiess sich mit altbekannter Intensität einem neuen Hobby widmen&#58; Der Hühnerhaltung.</p>
„Wir müssen Kindermedizin breit denken“<img alt="Prof. Wieland Kiess, Direktor der UKL-Kinderklinik." src="/presse/PressImages/pic_20240306115946_0f4760fcc9.jpg" style="BORDER&#58;px solid;" />2024-03-05T23:00:00ZLeipzig. Pädiatrische Endokrinologie, das Spezialgebiet des scheidenden Direktors der Kinderklinik am UKL, Prof. Wieland Kiess, ist ein Schwerpunkt der diesjährigen Tagung zur Kindergesundheit in der Messestadt. Mehr als 150 Mediziner diskutieren darüber hinaus Themen aus allen Bereichen der Kindermedizin getreu dem Tagungsmotto "Kinder- und Jugendmedizin breit gedacht". <p>&quot;Ich war und bin der Überzeugung, dass wir eigentlich nur als generalistische Allgemein-Pädiater wirklich gute Kindermedizin machen können&quot;, begründet Tagungsleiter Prof. Wieland Kiess die Wahl des Themas des diesjährigen Symposiums, mit dem er sich auch aus dem Arbeitsleben verabschiedet.&#160;<br><br>Der langjährige Direktor der <a href="/einrichtungen/kinderklinik">UKL-Kinderklinik</a> selbst wählte seinerzeit als Spezialgebiet die Endokrinologie der Heranwachsenden, von der das gesunde Aufwachsen stark abhängt. Deren Fragestellungen von kardiovaskulären Komplikationen des Typ-1 Diabetes als auch Therapieformen der angeborenen Schilddrüsenunterfunktion werden am Vormittag des 9. März auf dem Programm stehen. Ergänzt wird dies um die Diskussion des Einsatzes von Wachstumshormonen bei Kindern mit Störungen des Hypothalamus oder bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom. &quot;Wir haben dafür herausragende Kolleg&#58;innen aus den europäischen Kinderendokrinologie-Zentren in Rotterdam, Paris, Madrid, London und Chieti (Italien) für Vorträge gewinnen können&quot;, freut sich Prof. Kiess. &quot;Als besonderes Highlight wird Prof. Hublin aus Paris über die menschliche Evolution referieren&quot;. Hublin war viele Jahre lang Direktor am Max-Planck-Institut in Leipzig und arbeitet seit kurzem wieder in Paris.</p> <p>&#160;</p> <p>Der Symposiums-Nachmittag ist dann einem breiten Spektrum aus allen Bereichen der Kinderheilkunde gewidmet&#58; der aktuellen Aufgabe der Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Forschungsergebnissen zum Thema Adipositas im Erwachsenenalter bzw. Adipositas im Kindesalter, der Psychologie von Hunger und Nahrungsaufnahme sowie Grundlagenwissen zur Entwicklung von Arzneimitteln mit Blick auf die Biochemie des Menschen. &#160;Zum Schluss berichtet Prof. Christian Wirth, Zentrum für Diversitätsforschung der Universität Leipzig, über den Leipziger Auenwald und was dieser mit Kindermedizin zu tun hat. &quot;Klimawandel und die Vernichtung von Lebensvielfalt betreffen eben auch und gerade Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft&quot;, begründet Kiess die Wahl des Abschlussvortrags. &quot;Das im Blick zu behalten meint, Kindermedizin breit zu denken&quot;. &#160;</p> <p>&#160;</p> <p><a href="https&#58;//paediatric-research.de/">Symposium Paediatric Research Leipzig</a><br>&quot;Kinderheilkunde und Jugendmedizin breit gedacht&quot;</p> <p>9. März 2024, 9.00 bis 18.00 Uhr<br>Kongresshalle am Zoo, Leipzig</p>
„Tag der seltenen Erkrankungen“ am 29. Februar: Noch immer werden neue Krankheiten entdeckt<img alt="Privatdozentin Dr. Skadi Beblo, stellvertretende Leiterin des Universitären Zentrums für Seltene Erkrankungen (UZSEL) am UKL, berichtet bei der Online-Veranstaltung am 29. Februar über die Arbeit des Zentrums." src="/presse/PressImages/pic_20240227092246_7ee0d0d4d5.jpg" style="BORDER&#58;px solid;" />2024-02-26T23:00:00ZLeipzig. Der Tag der seltenen Erkrankungen wird international am 29. Februar begangen. 2024 ist es dank des Schaltjahres wieder möglich. Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) bietet an diesem Tag einen Webcast, eine Online-Vortrags-Veranstaltung für Betroffene, Angehörige oder Interessierte an. Die Teilnehmer:innen erwarten Aktuelles aus dem Universitären Zentrum für Seltene Erkrankungen (UZSEL) sowie Neuigkeiten von und über Selbsthilfegruppen in Leipzig. Noch immer würden regelmäßig neue seltene Erkrankungen entdeckt, sagt Privatdozentin Dr. Skadi Beblo vom UZSEL. Jeder neue Fall sei eine Herausforderung. <p>Beim Webcast ab 14 Uhr stellen sich verschiedene Selbsthilfegruppen vor. Darunter ist auch das Jugendteam von Alopecia Areata Deutschland. Alopezie steht für vorzeitigen Körperhaarausfall. &quot;Manchmal kommt das auch bei Jugendlichen vor. Für diese ist das aufgrund ihres jungen Alters natürlich besonders belastend&quot;, erklärt Dr. Beblo, Oberärztin an der <a href="/einrichtungen/kinderklinik">Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin</a> des UKL.&#160;</p> <p>In einem zweiten großen Block berichtet das <a href="/einrichtungen/uzsel">UZSEL</a> über seine Arbeit im vergangenen Jahr. Erläutert werden unter anderem Ziele und Aufgaben Medizinischer Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderungen - sogenannte MZEB. <a href="/einrichtungen/neurologie/Seiten/mzeb.aspx">Auch am UKL gibt es ein solches Zentrum</a>, das laut Dr. Beblo wie eine Folgeeinrichtung für die Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) verstanden werden kann.&#160;</p> <p>&quot;Viele Menschen mit komplexen Behinderungen weisen oft gleichzeitig sehr seltene Erkrankungen auf. MZEB mit ihrem interdisziplinären Behandlungsteam berücksichtigen daher beides&#58; einmal die herausfordernden Besonderheiten schwerer Behinderung und gleichzeitig auch den dringenden Bedarf nach spezieller Expertise für seltene Erkrankungen, wie etwa angeborene Stoffwechselerkrankungen,&quot; weist Dr. Wolfgang Köhler, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der MZEB Deutschland und Mitgründer des MZEB am Leipziger Universitätsklinikum, auf einen der Aspekte seines Vortrags bei der Veranstaltung am 29. Februar hin.&#160;<br><br></p> <p><strong>&quot;Habe ich vielleicht eine seltene Erkrankung?&quot;</strong><br>&quot;Jedes Jahr wenden sich 100 bis 130 Menschen an uns im UZSEL mit der Frage&#58; 'Habe ich vielleicht eine seltene Erkrankung?' Sie kommen entweder aus eigenem Antrieb oder auf Anraten ihrer Hausärzt&#58;innen&quot;, berichtet die stellvertretende UZSEL-Leiterin. Rund die Hälfte der Anfragen würden dann in einer interdisziplinären Fallkonferenz besprochen. &quot;Anschließend ergeht eine persönliche Empfehlung an die Patient&#58;in für das weitere Vorgehen, denn es geht nicht immer um eine Diagnosestellung, wir zeigen eher den weiteren Weg auf&quot;, so die UKL-Expertin. &quot;Wir selbst können nicht alle Patient&#58;innen behalten, suchen daher nach Expert&#58;innen für die Weiterbehandlung.&quot;&#160;</p> <p>Der überwiegende Teil der Anfragenden seien Erwachsene, 80 Prozent kämen aus Sachsen. Aber auch aus anderen Bundesländern und dem Ausland erreichten sie Fallanfragen, zum Beispiel aus Ländern, in denen die Versorgungslage schlechter als hierzulande sei, sagt Dr. Skadi Beblo.&#160;</p> <p>Dass noch immer regelmäßig neue seltene Erkrankungen entdeckt werden, führt die erfahrene Kinderärztin einerseits auf immer besser verfügbare internationale Patienten-Datenbanken zurück, andererseits auch auf die Fortschritte, die die humangenetische Diagnostik mache.&#160;</p> <p>Für sie selbst sei der Umgang mit seltenen Erkrankungen zwar sozusagen beruflicher Alltag. &quot;Allerdings wird man doch regelmäßig überrascht, womit man so konfrontiert wird&quot;, sagt Dr. Beblo und fügt hinzu&#58; &quot;Jeder neue Fall ist für uns alle im UZSEL immer eine große Herausforderung.&quot;<br><br></p> <p><strong>Webcast zum &quot;Tag der seltenen Erkrankungen&quot;<br></strong>Donnerstag, 29. Februar, 14 bis 17 Uhr<br><a href="http&#58;//www.ukl-live.de/seltene-erkrankungen">www.ukl-live.de/seltene-erkrankungen</a></p>
Am UKL startet der erste Jahrgang in die spezialisierte Einarbeitung in der Kinderpflege<img alt="Den Anforderungen eines Universitätsklinikums gerecht werden&#58; Die ersten Teilnehmenden der Zusatzausbildung erhalten von Fachkrankenschwester und Ausbilderin Vicky Janke (Mitte, hinten) in der Zentralen Notfallaufnahme des UKL Einblick in die Thematik „Polytrauma aus pflegerischer Sicht“." src="/presse/PressImages/pic_20231117151352_0837f171aa.jpg" style="BORDER&#58;px solid;" />2023-11-18T23:00:00ZLeipzig. Im August 2023 verließ der zweite Jahrgang Absolventen der generalistischen Pflegeausbildung die Berufsfachschulen, auch am Universitätsklinikum Leipzig (UKL). Um den Berufsanfängern, die sich für die Arbeit in der Kindermedizin entschieden haben, nun einen guten Start zu ermöglichen, bietet das UKL eine spezialisierte Einarbeitung in der Kinderpflege an. Seit September durchlaufen die ersten 17 Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner diese besondere Zusatzausbildung. <p>​Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, diese Tatsache gilt auch in der Pflege. Pflegearbeit in einer hochspezialisierten <a href="/einrichtungen/kinderklinik">Kinderklinik</a> oder auf einer <a href="/einrichtungen/neonatologie">Frühchenstation</a> stellt daher etwas andere Anforderungen an die Pflegenden, weshalb es bis zur Reform der Pflegeausbildung eine gesonderte Ausbildung zur Kinderpflegefachkraft gab. Mit der Einführung der generalistischen Ausbildung entfiel diese Trennung, die Inhalte wurden in die umfassende Ausbildung der Pflege aller Altersgruppen integriert, die unverändert drei Jahre dauert. &#160;</p> <p>&quot;Uns war allerdings frühzeitig klar, dass dabei einiges Spezialwissen nicht im bisherigen Umfang vermittelt werden kann, allein aufgrund der Verdichtung der Wissensvermittlung&quot;, beschreibt Kerstin Voigt, Pflegerische Leitung im Department für Frauen und Kindermedizin am UKL, die damit verbundenen Herausforderungen. Auch der Zeitanteil der praktischen Erfahrung während der Ausbildung, der im Bereich der Kindermedizin absolviert wird, ist deutlich kürzer als bisher. &quot;Das birgt die Gefahr, dass sich Berufsanfänger&#58; innen in der Kinderpflege nicht sicher genug fühlen&quot;, sagt Voigt. Diese Überlegungen sind auch in ein 2015 vom UKL erstelltes Positionspapier eingeflossen, in dem vor allem auf die zu erwartenden Defizite bei der Wissensvermittlung in der Kinderpflege hingewiesen wurde (siehe Link am Textende).</p> <p>Als Lösung wurde nun mit der Akademie des UKL, den für die Ausbildung verantwortlichen Mitarbeiter&#58;innen der Kinderstationen und den Praxisanleiter&#58;innen eine hausinterne Option zur Vertiefung in der Kinderpflege entwickelt&#58; Diese besteht aus 180 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht sowie einer praktischen, begleiteten Einarbeitung auf den jeweiligen Kinderstationen, An deren Ende verfügt jede Teilnehmer&#58;in über etwa 1300 Stunden Erfahrung in der Kinderpflege und entspricht damit auch den Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses an eine in der Onkologie oder Neonatologie tätigen Pflegefachperson.&#160;<br>Generell ist das Ziel, mit dem Angebot möglichst viele Pflegeabsolvent&#58;innen für die Arbeit in der Pflege kranker Kinder begeistern zu können. Voigt&#58; &quot;Wir möchten den Pflegenachwuchs optimal auf diese Aufgabe vorbereiten, um am Leipziger Universitätsklinikum eine hochqualifizierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu garantieren.&quot; &#160;</p> <p>&#160;</p> <p><a href="/_layouts/15/WopiFrame.aspx?sourcedoc=/Documents/pflegereform-positionspapier-uniklinikum-leipzig.pdf&amp;action=default" target="_blank">UKL-Positionspapier zur Reform der Pflegeberufe vom Dezember 2015</a>&#160;[PDF]</p> <p>&#160;</p>

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