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S3-Leitlinie Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz

​Die invasive („maschinelle“) Beatmung ist eine zentrale Therapiemaßnahme der Intensivmedizin zur Versorgung kritisch kranker Patienten mit akuter respiratorischer Insuffizienz. Im Falle schwerster Gasaustauschstörungen, z. B. bei schwerem ARDS (PaO2/FiO2 <100 mmHg) nach Berlin-Definition, sind zur Sicherung der Oxygenierung zusätzliche Maßnahmen wie Bauchlagerung notwendig. Im Verlauf des letzten Jahrzehnts findet bei schweren Oxygenierungsstörungen auch zunehmend die vvECMO-Therapie Verwendung.

Rationale der Leitlinie

​Zu den wichtigen Fragen der invasiven Beatmung (Beatmungsmodus, Beatmungsparameter etc.), zu adjuvanten Maßnahmen und zu Rescue-Therapien (iNO-Therapie, ECMO-Therapie etc.) wurde in den vergangenen Jahrzehnten eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien durchgeführt. Dabei wurden für bestimmte Maßnahmen (protektive Beatmung, Bauchlagerung, Anwendung von protokollbasiertem Weaning etc.) deutliche positive Effekte auf patientenrelevante klinische Outcome-Parameter nachgewiesen während für andere Therapien diese Nachweis bisher nicht sicher erbracht werden konnten (z.B. iNO- und ECMO-Therapie). Gleichzeitig zeigt sich weltweit eine erhebliche Heterogenität in der klinischen Versorgungsqualität invasiv beatmeter Patienten (1). So ist einerseits eine unzureichende Umsetzung der genannten Therapiemaßnahmen mit erwiesenem Patientennutzen bei gleichzeitig zunehmender, teilweise unkritischer Anwendung der hochinvasiven Extrakorporalverfahren zu beobachten (2). Dieses Missverhältnis aus bestehender Evidenz und unzureichender Umsetzung in der klinischen Praxis im Versorgungsalltag bildete eine wichtige Rationale des Leitlinienprojektes „S3-Leitlinie Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz“.

Methodik der Leitlinie

​Ziel des 4-jährigen, von der von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) geförderten und hier an unserer Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie koordinierten Leitlinienprojektes, war u.a. die Etablierung einer umfassenden Literaturdatenbank zur maschinellen Beatmung und ECMO-Therapie, welche aktuell über 3.500 Studien umfasst. Aus dieser Datenbank wurden durch die Expertengruppe (57 Experten aus 23 intensivmedizinischen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz) qualitativ hochwertige Studien selektiert, geprüft, bewertet und als Grundlagen für Behandlungsempfehlungen verwendet (Anwendung der GRADE-Methodik).

Inhalte der Leitlinie

​In der zum Beginn des Jahres 2018 veröffentlichten Leitlinie (3) wurden insgesamt 119 Empfehlungen zusammengestellt, welche in diesem Umfang weltweit erstmalig, den gesamten Versorgungsablauf von Patienten mit akuter Funktionsstörung der Lunge (Indikation, Wahl von Beatmungsmodus und –parametern, Begleitende Therapiemaßnahmen, Maßnahmen bei schwerer o. therapierefraktärer Gasaustauschstörung (inkl. vvECMO-Therapie, Entwöhnung von der Beatmung und Spätfolgen) betreffen. Für alle Therapiemaßnahmen wurde eine ausführliche Abwägung von Nutzen und Risiko für die betroffenen Patienten gemeinsam mit den Patientenvertretern getroffen und als Grundlage für die Formulierung der Empfehlung verwendet.

Leitlinienveröffentlichungen und Ziele seit 2018

​Zur Unterstützung der Verbreitung der Leitlinieninhalte wurden eine Kurzversion aller Empfehlungen (4), eine Zusammenstellung der Kernempfehlungen (5) sowie eine „Taschenausgabe“ der Leitlinie (6) entwickelt. Zudem wurden die wesentlichen Inhalte in deutsch- und englischsprachigen Übersichtsarbeiten veröffentlicht (7, 8).

Von der flächendeckenden, konsequenten Umsetzung der Empfehlungen dieser neuen Behandlungsstandards auf den Intensivstationen erhoffen sich die Mitglieder der Expertengruppe eine Verbesserung der Versorgungsqualität für alle Patienten, die aufgrund einer Funktionsstörung der Lunge maschinell beatmet werden müssen.

Aktuell richten die Intensivmediziner des Koordinationszentrums der Leitlinie an unserer Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum in Leipzig ihre Arbeit nun auf die Verbreitung der Leitlinie sowie auf Studien aus, in denen untersucht wird, wie der Transfer des aufgearbeiteten Wissensstandes in die tägliche Praxis auf den Intensivstationen nachhaltig verbessert werden kann.

Quellen / Links

(1) Bellami et.al.: Epidemiology, Patterns of Care, and Mortality for Patients With Acute Respiratory Distress Syndrome in Intensive Care Units in 50 Countries. JAMA.

(2) Karagiannidis C et al: Extracorporeal membrane oxygenation: evolving epidemiology and mortality. Intensive Care Med.

(3) S3 Leitlinie Invasive Beatmung - lang. AWMF (PDF)

(4) S3 Leitlinie invasive Beatmung - kurz. AWMF (PDF)

(5) S3 Leitlinie invasive Beatmung - Schlüsselempfehlungen und Qualitätsindikatoren AWMF (PDF)

(6) S3 Leitlinie invsasive Beatmung: Behandlungspfade AWMF (PDF)

(7) Fichtner F. et al.: Mechanical Ventilation and Extracorporeal Membrane Oxygenation in Acute Respiratory Insufficiency. Dt.Ärzteblatt.

(8) Fichtner f. et al.: Clinical Guideline for Treating Acute Respiratory Insufficiency with Invasive Ventilation and Extracorporeal Membrane Oxygenation: Evidence-Based Recommendations for Choosing Modes and Setting Parameters of Mechanical Ventilation. Respiration

Verantwortliche Ärzte / Leitlinienkoordinatoren

  • ​Dr. med. Falk Fichtner
  • PD Dr. med. Sven Laudi
Liebigstraße 20, Haus 4
04103 Leipzig
Chefsekretariat:
0341 - 97 17700
Fax:
0341 - 97 17709
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