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Vorbeugung und Therapieprinzipien

​Bis auf Ausnahmen ist der Verlauf einer Nierenerkrankung soweit beeinflussbar, dass zumindest das Fortschreiten des Verfalls der Nierenfunktion verlangsamt werden kann. Da der Funktionsverlust nicht selten über Jahrzehnte währt (abhängig von der Grunderkrankung), muss ein Patient innerhalb der normalen Lebensspanne nicht unbedingt dialysepflichtig werden.

Vorbeugung

​Kann man einer Nierenerkrankung vorbeugen? Dies ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Für die beiden häufigsten Ursachen eines dialysepflichtigen Nierenversagens, der Zuckerkrankheit und dem Bluthochdruck, ist eine gesunde Lebensweise der beste Schutz. Treten dann doch Diabetes und Hypertonie auf, so kann hier eine engmaschige Betreuung in der Regel das Schlimmste verhüten. Leider ist es in der Realität doch so, dass die meisten Patienten mit Nierenproblemen erst dann einem Nierenspezialisten vorgestellt werden, wenn es schon sehr spät, nicht selten zu spät ist. In jedem Fall kommt es also darauf an, eine beginnende Nierenfunktionsverschlechterung auch möglichst frühzeitig zu erfassen.

In der Nephrologie werden jedoch auch viele Krankheiten behandelt, die mit einem gestörten Immunsystem zu tun haben. Immer noch ist in den meisten dieser Fälle das grundlegende Verständnis des Krankheitsablaufs weitestgehend unverstanden, so dass für diese Probleme keine vorbeugenden Konzepte entwickelt werden können. Trotzdem stehen uns eine Reihe von Medikamenten zur Verüfgung, von denen wir wissen, dass diese auch hier den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich.

Therapie

​Worin bestehen nun die grundlegenden Prinzipien der Therapie von Nierenerkrankungen? Dazu wurden eine Reihe von Faktoren herausgefunden, die den Verlauf eines chronischen Nierenversagens beeinflussen:

​ ​Progressionsfaktoren

​Beeinflussbar​Nicht beeinflussbar
​Blutdruck​ ​ ​ ​ ​Genetik   
​Eiweißausscheidung
​Hyperglykämie
​Nikotin
​Eiweißzufuhr

 

Die therapeutische Beeinflussung dieser Faktoren stellt die Basistherapie aller Nierenkrankheiten dar. Darüberhinaus sind gegebenfalls weitere spezifische Therapien erforderlich, welche von der Art der Nierenerkrankung abhängen.

Therapeutische Beeinflussung der Progressionsfaktoren (Basistherapie)

  • Hypertonie und Proteinurie. Beide Progressionsfaktoren werden mit den gleichen Medikamenten behandelt. Diese hemmen das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Zur Anwendung kommen ACE-Hemmer (z.b. Enalapril, Ramipril), AT1-Rezeptor-Blocker (z.B. Candesartan, Telmisartan), Reninblocker (Aliskiren). Die Hinzugabe eines Diuretikums (Schleifendiuretika, Hydrochlorothiazid) ist oft sinnvoll. Auf der anderen Seite ist eine Monotherapie mit nur Diuretika nicht zu empfehlen, da diese wiederum das RAAS aktivieren, was man ja eigentlich unterdrücken will.

    Weitere Medikamentengruppen schließen Betablocker und Calzium-Antagonisten ein. Bei ersterer Gruppe empfehlen wir Carvedilol, bei letzterer Lercanidipin. Blutdruckziel: <130/80 mmHg. Beim Diabetiker ist auch eine geringe Proteinurie behandlungspflichtig, da hier schon ein 40x gesteigertes Risiko einer koronaren Herzerkrankung besteht. Eine Therapie ist auch bei normalem Blutdruck zu empfehlen.
  • Möglichst Euglykämie. Normale Blutzuckerverhältnisse sind wünschenswert. Als Optimum wird ein HbA1c von <6,5 Prozent angestrebt. Es mehren sich jedoch die Hinweise, dass zumindest bei einem Typ-2 Diabetiker die Blutdruckeinstellung als weitaus wichtiger einzuschätzen ist. Eine Euglykämie kann auch bei Patienten mit Nierenproblemen nicht so ohne weiteres erreicht werden. Dies hat verschiedene Gründe: Die Niere baut Insulin ab, welches wiederum länger im Körper zirkuliert, wenn die Nieren versagen. Deswegen neigen Patienten mit Nierenproblemen eher zu Unterzuckerungen. Diese wiederum sind als weitaus gefährlicher einzuschätzen als Überzuckerungen, was keinesfalls bedeutet, dass hohe Werte tolerierbar sind.

    Ein anderer wichtiger Grund für eine schwer erreichbare Euglykämie liegt darin, dass die meisten Antidiabetika bei Patienten mit Nierenproblemen nicht verwendet werden dürfen. Schon bei leichter Niereninsuffizienz ist Metformin nicht mehr anwendbar, welches heutzutage das Standardpräparat darstellt. Trotz dass immerhin bis zu 40 Prozent aller Diabetiker Nierenprobleme entwickeln, wird diese Gruppe von Patienten ignoriert, da die derzeit gültigen Therapieschemata das Nierenversagen überhaupt nicht berücksichtigen. Da dies ein unhaltbarer Zustand ist, finden Sie hier eine Zusammenstellung der Verwendbarkeit von Antidiabetika in Abhängigkeit von der Schwere des Nierenversagens.

    Unter dem Strich können bisher eigentlich nur zwei Präparate in allen Stadien des Nierenversagens verwendet werden: Gliquidon und Pioglitazon. Für alle anderen Präparate gibt es entweder klare Kontraindikationen der Anwendung oder es konnte keine Freigabe für die Verwendung bei Nierenversagen gegeben werden, da keine Sicherheitsdaten diesbezüglich erhoben wurden.
​AntidiabetikaGlomeruläre Filtrationsrate nach CKD-EPI (eGFR)​ ​ ​
​>60 ml/min​30 - 59 ml/min​<30 ml/min
Sulfonylharnstoffe
- Glibenclamid
- Glimepirid
- Gliquidon
​X
X
X
​(X) Dosis↓
(X) Dosis↓
X
​-
-
(X) Dosis↓
Glinide (Sulfonylharnstoffanaloga)
- Repaglinide
- Nateglinide
​X
X
​X
-
​(X) Dosis↓
-
Biguanide
- Metformin
​X​-​-
α-Glukosidasehemmer
- Miglitol
- Acarbose
​X
X
-
X
-
-
Glitazone
- Pioglitazon (stark eingeschränkte Zulassung)
​X​X​X
GLP1-Mimetika
- Exenatide
​X​(X) Dosis↓​-
DPP4-Hemmer
- Vildagliptin
- Sitagliptin
​X
X
​(X) Dosis↓
(X) Dosis↓
​-
-


Legende:

​-​Nicht verwendbar (einschließlich nicht ausreichender Sicherheitsdaten)
​X​Verwendbar
​(X) Dosis↓​Eingeschränkt verwendbar mit reduzierter / angepasster Dosis

 
  • Salzarme Ernährung (maximal 6 g/d). Dies ist ein besonders kritischer Punkt. Wenn Patienten zusalzen und gleichzeitig Blutdrucktabletten nehmen, so werden die meisten Blutdruckmedikamente wirkungslos. Die Folge ist ein schwer einstellbarer Blutdruck, der wiederum die Nieren weiter schädigt.
  • Eiweißarme Ernährung (0,8 g/kg Körpergewicht und Tag). Interessanterweise konnte nachgewiesen werden, dass ein Eiweßverlust über den Urin nicht nur ein Nierenversagen anzeigt, sondern dass es auch ein unabhängiger Risikofaktor für die weitere Verschlechterung des Nierenversagens darstellt. Deswegen wird eine geringere Eiweißaufnahme empfohlen.
  • Rauchen aufgeben. Auch Nikotin beschleunigt das Nierenversagen. Es führt direkt zu einem erhöhten Eiweißverlust über die Nieren und steigert den Blutdruck. Der genaue Mechanismus ist im Detail noch unverstanden. Diskutiert wird eine direkte Endothelschädigung in der Niere. Auf jeden Fall verstärkt Nikotin die Wirkung der schon beschriebenen Progressionsfaktoren Hypertonie und Proteinurie.
  • Statintherapie (Anpassung nach Risikofaktoren). Ein gestörter Fettstoffwechsel (insbesondere eine Erhöhung des LDL-Cholesterols und eine Erniedrigung des HDL-Cholesterols) geht mit einer massiven Risikosteigerung für kardiovaskuläre Probleme einher. Statine sind hier eine sehr sinnvolle Therapie, was in vielen Studien auch nachgewiesen werden konnte. Allerdings ist die Datenlage bei chronischem Nierenversagen mit gestörtem Fettstoffwechsel eher dürftig. In den Niereninsuffizienz-Stadien 1-3 werden Statine generell empfohlen (Studien: CARE und LIPS). Für Stadium 4/Prädialyse wird derzeit die SHARP-Studie durchgeführt. Für Stadium 5/Dialyse liegt zur Zeit nur die 4D-Studie vor. Hier sollte geprüft werden, ob Atorvastatin das Überleben von Typ-2 Diabetikern an der Dialyse verlängert, was sich leider nicht zeigen lies. Unter dem Strich sollte eine Statintherapie frühzeitig eingeleitet werden, da ein sehr Einsatz (Dialyse) offensichtlich keine Vorteile mehr bringt. Zum Thema Statintherapie nach Risikogruppen können Sie hier ein aktuelles Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie finden.
  • Behandlung der fortgeschrittenen Niereninsuffizienz. Ab Stadium 3 der chronischen Niereninsuffizienz machen sich die ersten größeren Störungen bemerkbar. Die Produktion von Erythropoietin läßt nach, eine chronische Anämie ist die Folge. Diese senkt nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern erhöht auch das kardiovaskuläre Risiko. Deswegen ist hier ein Erythropoietin-Therapie indiziert. Desweiteren läßt auch die Produktion von Vitamin D nach.

    Dies führt zu einer verminderten Kalziumaufnahme über den Darm mit zu niedrigen Kalziumspiegeln im Blut. Aufgrund des Nierenversagens kann gleichzeitig Phosphat nicht mehr adäquat ausgeschieden werden. Dies führt zu einer chronischen Stimulation der Nebenschilddrüsen, die Parathormon aussdchüttet, welches dann Kalzium aus den Knochen mobilisiert, um den Kalziumspiegel im Blut wieder anzuheben. Dieses Krankheitsbild wird sekundärer Hyperparathyeoidismus genannt und führt zu erheblichen Knochenproblemen. Hier sind eine phosphatsenkende und eine Vitamin-D-Therapie indiziert. Bei weiterer Verschlechterung der Nierenfunktion muss möglichst frühzeitig eine Shuntanlage eingeleitet werden, um den Übergang zur Dialyse möglichst komplikationsfrei zu halten.
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