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Hämodialyse

​Die Hämodialyse ist das am häufigsten eingesetzte Dialyseverfahren.

Prinzip

​Die erste Hämodialyse beim Menschen wurde 1924 von Georg Haas in Gießen durchgeführt. Willem Kolff verwendete ein Trommeldialysegerät mit Zellophanschläuchen als Austauschmembran (Kampen (Niederlande), 1943). Der Nachteil der hier geringen Entfernung von überschüssiger Flüssigkeit wurde 1946 mit Einführung der Ultrafiltration behoben.

Bei der Hämodialyse kommt der sogenannte Dialysator zum Einsatz. Über ein Pumpensystem wird hier Blut aus dem Patienten durch den Dialysator gepumpt, in dem der Stoffaustausch stattfindet. Danach wird das Blut wieder in den Patienten zurückgeleitet. Dieses Verfahren muss mindestens drei Mal wöchentlich für jeweils 4 bis 6 Stunden pro Behandlung durchgeführt werden.

Der Dialysator, auch künstliche Niere genannt, enthält viele tausend Kapillaren (Durchmesser ca. 0,001 cm). Die Wand dieser Kapillaren ist mit Poren durchsetzt, über die der Stoffaustausch erfolgt. Die Kapillaren werden an ihrer Außenseite vom Dialysat umspült, was ebenfalls über ein Pumpensystem kontinuierlich durch den Dialysator gepumpt wird. Im Dialysator erreichen die Kapillaren eine Austauschfläche von 1,4 - 2,0 m2. Blut und Dialysat bewegen sich dabei im Gegenstrom innerhalb des Dialysators.

Der Dialyseshunt

​Um eine Hämodialyse durchführen zu können, ist ein ausreichendes Blutangebot Grundvoraussetzung der Behandlung. Die natürlichen Hautvenen sind hierfür ungeeignet. Diese können zwar aufgrund ihrer relativ oberflächlichen Lage gut punktiert werden, aber weisen nur einen geringen Blutfluss auf. Arterien würden einen ausreichenden Blutfluss gewährleisten, liegen aber in der Tiefe, sind daher schwer erreichbar und nach Entfernung der Nadel nach einer Dialyse schlecht zu komprimieren. Man behilft sich hierbei der sogenannten Anlage eines Dialyseshunts. In einer ca. 30minütigen Operation wird eine Hautvene direkt auf eine Arterie genäht. Dies kann in der Regel an Unter- bzw. Oberarm erfolgen.

Der hohe Druck der Arterie führt nun zu einer Aufweitung der aufgenähten Vene, die bisher nur geringe Drücke aushalten musste. Gleichzeitig findet auch ein Wachstum der venösen Gefäßmuskulatur statt - gewissermaßen als Anpassung an die hohe Druckbelastung. Diese Anpassung ist nach etwa 6 - 10 Wochen abgeschlossen, so dass nach dieser Zeit die Punktion dieses Shunts erfolgen kann. Über eine ca. 1,2 bis 1,8 mm große Kanüle fließt das Blut in den Dialysator, wird dort gereinigt und fließt dann über eine zweite Kanüle in den Körper des Patienten zurück. Nach Beendigung der Dialyse werden die Kanülen entfernt und die Punktionsstellen mit Tupfern für ca. 10 - 20 Minuten abgedrückt. Zur Sicherheit wird nach Blutstillstand ein Verband angelegt, der dann vom Patienten am nächsten Morgen entfernt werden kann. In den meisten Fällen kann ein Dialyseshunt über viele Jahre verwendet werden. In manchen Fällen findet sich zur Shuntanlage keine geeignete Hautvene, so dass hier eine Gefäßprothese zum Einsatz kommt.

Nicht selten passiert es, dass die Betroffenen vom totalen Nierenversagen „überrascht" werden. Da nun eigentlich kein funktionierender Shunt verfügbar ist, muss zur Überbrückung ein sogenannter Shaldon-Katheter angelegt werden (in der Regel an der Halsaußenseite). Alternativ können auch sogenannte Vorhofkatheter zum Einsatz kommen, die den Vorteil bieten, über Jahre hinweg einsetzbar zu sein. Generell jedoch wird nur ein Ausnahmefällen ein künstlicher Katheter über eine längere Zeit eingesetzt. Aufgrund der Infektionsgefahr und anderer Besonderheiten ist, soweit möglich, der native Dialyseshunt fast immer das Mittel der Wahl. Ist also der angelegte Shunt ausgeheilt, so kann der Shaldon- bzw. Vorhofkatheter wieder entfernt werden.

Operative Shuntanlage

  • 1943: Erste Hämodialyse. Keine dauerhafte Behandlung möglich, da die Anlage eines Dialyseshunts noch unbekannt war.
  • 1960: Erster Shunt - der Quinton-Scribner-Shunt. Von außen wurde eine Gefäßprothese aus Teflon-Silastic in ein Blutgefäß gelegt. Nicht mehr in Verwendung.
  • 1966: Shuntanlage nach Brescia und Cimino (= Ciminofistel). Verbindung einer Hautvene mit einer Arterie des Unterarms. Gegenwärtig immer noch der Dialysezugang der Wahl.

Komplikationen infolge Shuntanlage

  • Rechtsherzbelastung. Durch den angelegten Kurzschluss wird nun mehr Blut in die venöse Blutbahn befördert. Unter seltenen Umständen kann sich daraus eine Überlastung des rechten Herzens entwickeln.
  • Steal-Phänomen. Durch den angelegten Kurzschluss kann es passieren, dass zuviel Blut vor der Hand wieder in das venöse System geleitet wird, mit der Folge, dass die Hände nicht mehr ausreichend durchblutet werden. In seltenen Fällen muss eine Shuntdrosselung oder Neuanlage erfolgen.

Besonderheiten beim Hämodialyseverfahren

Die Hämodialyse findet nur 3x pro Woche für jeweils 4 bis 6 Stunden statt. Die eigenen Nieren würden hingegen rund um die Uhr „dialysieren". Somit ersetzt die Hämodialyse nur maximal 20 Prozent der eigenen Nierenreinigung. Damit verbunden ist die Anhäufung von Giftstoffen und überschüssigem Wasser zwischen den Dialysen.

In der relativ kurzen Dialysezeit kann nur eine begrenzte Flüssigkeitsmenge entfernt werden. Zunächst wird also Flüssigkeit aus der Blutbahn entfernt, die jedoch nicht beliebig schnell aus dem überwässerten Gewebe nachlaufen kann. Zum einen drohen jetzt Blutdruckabfall und Muskelkrämpfe, wenn zu schnell Flüssigkeit entzogen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass der Dialysepatient seine Flüssigkeitsaufnahme einschränken muss, um nicht in diese gefährlichen Situationen zu gelangen. Bei fast jedem Dialyse-Patienten lässt mit der Zeit die Urinproduktion nach und versiegt schließlich. Generell wird eine Trinkmenge pro Tag = Restausscheidung + 500 - 800 ml empfohlen. Wird dies nicht eingehalten, drohen lebensgefährliche Überwässerungssituationen und Bluthochdruckkrisen.

Kaliumhaltige Lebensmittel sind ebenfalls ein Problem, da Verschiebungen im Kaliumhaushalt lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen können. Nahrungsmittel wie Obst, Obstsäfte, vergorener Obstsaft, Schokolade, Nüsse usw. sollten möglichst gemieden werden. Darüberhinaus sollte sich ein Dialysepatient kalorienreich ernähren (ca. 40 kcal/kg Körpergewicht und Tag). Das ist keine einfache Sache, da auf der anderen Seite Einschränkungen vorzunehmen sind. So z.B. muss darauf geachtet werden, möglichst phosphatarm zu essen. Das ist notwendig, da die Hämodialyse das Phosphat (vor allem Wurst) nur schlecht entfernen kann. Ein Überangebot von Phosphat im Blut führt neben zu wenig Kalzium zu einer Parathormonausschüttung aus den Nebenschilddrüsen, welches wiederum zu einer chronischen Knochenentkalkung mit daraus resultierenden Schäden führt. Auf der anderen Seite ist die Ernährung jedoch immer wieder individuell zu betrachten.

Besondere Hämodialyseverfahren

Verlängerung der Dialysezeit mittels Nachtdialyse bzw. Heimhämodialyse. Wie bereits ausgeführt, wird durch die begrenzte Dauer der Dialysebehandlung nur ein kleiner Teil der Nierenfunktion ersetzt.

Nicht umsonst heißt es „Dialysezeit ist Lebenszeit".

Im Routinebetrieb ist eine längere Dialysezeit kaum machbar. Deswegen hat sich ein weiteres Verfahren, die Nachtdialyse, etabliert. Hierbei geht der Patient abends in sein Dialysezentrum (ca. 22 - 23 Uhr), wird an die Maschine angeschlossen und schläft dann bis ca. 5.30 Uhr „an der Maschine". Durch die signifikante Verlängerung der Dialysedauer sind die Patienten besser entgiftet und können auch variabler mit ihrer Trinkmenge umgehen. Da die Dialyse sozusagen im Schlaf stattfindet, bleibt letzten Endes mehr Zeit, sein eigenes Leben zu gestalten. Patienten mit einem intensiven Arbeitsleben versuchen sich an diesem Verfahren. Voraussetzung dafür ist, dass man auch im Zentrum schlafen kann. Meist ist es dieser Umstand, der bei einigen Patienten zur Rückkehr in das normale Dialyseprogramm führt.

Eine weitere Möglichkeit ist die Heimhämodialyse. Das Prinzip besteht hier in häufigen und mitunter auch kürzeren Dialysen. Da hier eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein muss (häusliche Infrastruktur zur Lagerung von Verbrauchsmaterialien, intakte Partnerschaft usw.), spielt es unter der Gesamtzahl der Dialysen eine eher geringe Rolle.

Hämofiltration und Hämodiafiltration. Bei diesem Verfahren wird lediglich ein Druck aufgebaut, der dem Blut sozusagen die Flüssigkeit abpresst. Ein Dialysat kommt nicht zur Anwendung. Abhängig von der Porengröße der Kapillaren im Dialysator, werden entsprechend große Stoffe entfernt. Auf diese Art und Weise kann relativ schnell relativ viele Volumen entzogen werden. Der Flüssigkeitsverlust wird durch eine enstprechende Elektrolytlösung wieder ersetzt. Die Hämofiltration in Form der „Continuous veno-venous hemofiltration" (CVVH, kontinuierliche veno-venöse (pumpengetriebene) Hämofiltration) kommt besonders auf Intensivstationen zu Einsatz. Durch Hinzunahme eines Dialysats wird das Verfahren zur „Continuous veno-venous hemodiafiltration".

Hämoperfusion. Dieses Verfahren, was im eigentlichen Sinn keine Nierenersatzverfahren ist, wird ausschließlich bei akuten Vergiftungen eingesetzt. Das Blut wird mit Aktivkohle oder Austauscherharze in Kontakt gebracht - einige Stoffe bleiben an diesen Adsorbern „kleben", wodurch das Blut gereinigt wird.

FAQs - Häufig gestellte Fragen

​Wann muss eine Hämodialyse zwingend begonnen werden?

  • Hyperkaliämie infolge Diätfehler mit/ohne metabolischer Azidose
  • nicht-beherrschbare metabolische Azidose bei ausgefallener Bikarbonatregeneration
  • Überwässerung
  • Harnstoffvergiftung (Urämie, Perikarditis, Enzephalopathie)

Wann ist eine Dialyse notwendig?

  • vorübergehend bei Akutem Nierenversagen und Vergiftungen
  • dauerhaft bei weit fortgeschrittenem chronischen Nierenversagen

Wie ist die Prognose von Dialysepatienten?

  • Eine Dialysebehandlung ersetzt nur einen Teil der Nierenfunktion. Je länger pro Behandlung dialysiert wird, umso geringer die Spätschäden. Langfristig treten Schwäche, Gefäßerkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Knochenschäden, Gelenkprobleme, Nervenstörungen auf. Bluthochdruck und Anämie an der Dialyse sind weitere ungünstige Faktoren der Langzeitprognose.
  • Grundsätzlich sollte bei jedem Dialysepatienten die Möglichkeit einer Nierentransplantation überprüft werden. Dies ist die einzige Möglichkeit, den zu erwartenden Spätkomplikationen wirksam zu begegnen.
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