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Diabetes mellitus

Der Diabetes mellitus - Eine komplexe Erkrankung

​„Diabetes" bedeutet in Anlehnung an das Griechische „Durchfluss", „mellitus" - „honigsüß". Nach dem erläuterten Wortgebrauch wird die damit bezeichnete Krankheit oft, weil sie sich in einem übermäßigen Harnfluss äußert, mit dem „Durchmarsch" des Darmtrakts verglichen und als „Harnruhr" bezeichnet. Dieser geschichtlich geprägte Begriff bezeichnet die Erstsymptomatik bei der klinischen Manifestation der Erkrankung.

In vielen Fällen könnte man den Diabetes relativ frühzeitig diagnostizieren, wenn denn der Betroffene zum Arzt gehen würde. Da in der Frühphase der Erkrankung keine fassbaren Symptome auftreten, vermittelt die Krankheit dem bedrohten Patienten keine eindeutigen Gefahrsignale. Erst wenn der diabetische „Harnfluss" den Patienten zum Arzt führt, sind meist schon die Spätschäden eingetreten.

Vor 2000 Jahren beschrieben die beiden Hinduärzte Charaka und Sushruta zwei Ursachen des „süßen Urins": 1. genetisch (im Sinne einer Weitergabe von Generation zu Generation über „den Samen") und 2. umgebungsbedingt (im Sinne von „unvernünftiger Ernährung"). Die Hinduärzte beschrieben auch schon die zwei Hauptformen des Diabetes, eine mit Dehydratation und Polyurie assoziierte Form und eine weitere Form, die besonders durch das Auftreten von Adipositas und Müdigkeit gekennzeichnet war. Die Diagnose Diabetes wurde bis in das 19. Jahrhundert anhand einer Kostprobe des diabetischen Urins erhoben. Demnach war ein süßlicher Geschmack ein positiver Beweis. Bessere diagnostische Möglichkeiten führten erst im 20. Jahrhundert dazu, dass man eine Vielzahl von einzelnen Diabetesformen erkennen konnte. Die beiden von Charaka und Sushruta beschriebenen Diabetesformen nennen wir heute Typ-1 und Typ-2 Diabetes. Neben diesen beiden wichtigsten Formen werden andere spezifischere Formen gefunden, die jedoch im Vergleich relativ selten anzutreffen sind.

Zusammenfassend beruht also die Entwicklung des Typ-2 Diabetes auf einer individuellen genetischen Prädisposition (mono- und polygene Faktoren), die aber in ihrer phänotypischen Expression durch Umweltfaktoren (körperliche Betätigung, Ernährung, Übergewicht, klimatische Bedingungen, Güte der Stoffwechseleinstellung) modifiziert wird.

Genetische Prädisposition. Nachdem Charaka und Sushruta besonders die familiäre Häufung auffiel, beschrieben Pincus und White 1933, dass der Diabetes in 10 bis 30 Prozent der erstgradigen Verwandten von Diabetikern, aber nur in 1 - 6 Prozent der Verwandten von Nichtdiabetikern auftritt. Weitere Studien beschreiben eine „positive Familienanamnese" bei etwa 25 bis 50 Prozent der Diabetiker. Nur 15 Prozent der Familien von nichtdiabetischen Personen zeigen eine positive Familienanamnese für den Diabetes. Diese Fakten wurden lange dazu benutzt, den Diabetes als eine Erbkrankheit zu definieren.

Von besonderem Interesse waren Zwillingsstudien, um eine genetische Prädisposition eventuell untermauern zu können. Dabei macht man sich die Tatsache zu nutze, dass eineiige Zwillinge in ihren Stammzellen genetisch absolut identisch sind. Wenn unter gleichen Umweltbedingungen beide Zwillinge Typ-2 Diabetiker werden, so scheint ein genetischer Grund dafür naheliegend. Vergleicht man die Konkordanzrate von eineiigen mit derjenigen von zweieiigen Zwillingen, die im genetischen Sinne nur 50 Prozent ihres Erbmaterials gemeinsam haben und somit nur als erstgradige Verwandte zu betrachten sind, so wäre im Falle einer ganz klaren genetischen Erkrankung die Konkordanz bei eineiigen Zwillingen 100 Prozent. Im Gegensatz dazu wird sich die Konkordanz bei zweieiigen Zwillingen nicht signifikant von der eines normalen Geschwisterpaars unterscheiden.

Beim Typ-2-Diabetes konnten die Zwillingsstudien eindeutig einen genetischen Hintergrund belegen: Die meisten Studien zeigen Konkordanzraten von 45 - 96 Prozent bei eineiigen und etwa 3 - 37 Prozent bei zweieiigen Zwillingen. Die relativ großen Unterschiede kommen durch die verschieden hohen Fallzahlen sowie Unterschiede im Studiendesign zustande. Auf der anderen Seite wird deutlich, dass es für den Typ-2 Diabetes eine eindeutige genetische Prädisposition gibt, aber diese allein kann die variable Ausprägung der Krankheit nicht erklären.

Nichtgenetische Faktoren (Umwelt, Lebensstil). Die effektive Wirkung der eben beschriebenen genetischen Faktoren wird durch die nichtgenetischen Faktoren signifikant moduliert. Es ist bekannt, dass japanische Emigranten in Hawaii und den USA nach Anpassung ihrer Lebensweise an die dortigen Bedingungen mit ihrer Diabetesprävalenz von 0 - 2 Prozent auf 5 Prozent in der „neuen" Durchschnittsbevölkerung gleichzogen. Auf der anderen Seite tritt der Typ-2-Diabetes sehr häufig bei den Pima-Indianern auf, wohingegen er bei den Eskimos fast überhaupt nicht zu finden ist (kaltes Klima, Fischverzehr).

Studien zur familiären Häufung, Zwillingsstudien und der Einfluss von Umweltfaktoren weisen ganz eindeutig darauf hin, dass die Pathogenese des Typ-2-Diabetes über ein Zusammenspiel genetischer und Umweltfaktoren bestimmt wird. Erkrankungen, die wie der Typ-2-Diabetes in ihrer Pathogenese diesem Muster folgen, werden als „komplexe Erkrankung" bezeichnet. Denkt man über den Begriff „komplex" im Zusammenhang mit dem Diabetes nach, so spiegelt dies die Erkenntnis wider, den Diabetes als eine Erbkrankheit zu betrachten. Auf der anderen Seite ist es auch Ausdruck der Hilflosigkeit, alle Diabetessyndrome eindeutig klassifizieren zu können.

Typ-1- und Typ-2-Diabetes unterscheiden sich gravierend: Die Hyperglykämie des Typ-1-Diabetes wird durch einen absoluten Insulinmangel aufgrund einer autoimmun vermittelten β-Zellzerstörung verursacht. Beim Typ-2-Diabetes steht eine relativer Insulinmangel infolge einer Insulinresistenz und/oder einer gestörten Insulinsekretion im Vordergrund. Der Typ-1-Diabetes muss mit Insulin behandelt werden. Der Typ-2-Diabetes kann durch eine rechtzeitige Diät sehr wirksam therapiert werden. Gelingt dies nicht, ist auch hier eine Insulintherapie erforderlich. Beide Diabetesformen führen nach einiger Zeit zu diabetes-typischen Spätkomplikationen, die vor allem das Blutgefäßsystem betreffen.

Mikroangiopathische Störungen werden als diabetische Retinopathie, Nephropathie und Polyneuropathie manifest. Makroangiopathische Störungen führen zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), zu Myokardinfarkt und zum Schlaganfall infolge einer generalisierten, Diabetes-assoziierten Arteriosklerose.

Der Diabetes senkt die Lebenserwartung um etwa 15 Jahre und führt durch die Spätschäden zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität. Es sei erwähnt, dass der Typ-2-Diabetes bei 20 Prozent der 65 - 74-jährigen einen tödlichen Ausgang nimmt. Unter diesen schwer betroffenen Diabetikern versterben 40 Prozent durch koronare Herzkrankheit. 50 Prozent aller Amputationen werden an Diabetikern durchgeführt.

80 Prozent aller Diabetiker weisen eine Hypertonie auf und schließlich gehen bis zu 40 Prozent aller Dialysepatienten auf das Konto der Diabetiker.

Die klinische Differenzierung zwischen dem Typ-1- und dem Typ-2-Diabetes wird durch eine ausgesprochen große klinische und epidemiologische Variabilität erschwert. Das bezieht sich vor allem auf den Zeitpunkt der klinischen Manifestation während der Lebenszeit, den klinischen Verlauf, den Schweregrad, das Verhältnis diabetischer Männer / Frauen und auf ethnische und geographische Unterschiede. Die eindeutige Klassifikation der einzelnen Phänotypen ist unter Umständen sehr problematisch.

Die Wohlstandshypothese

​Bisherige Daten implizieren, dass das Vorhandensein gewisser DNA-Polymorphismen, die eine starke Assoziation zum Diabetes zeigten, zu einem weniger aktiven Stoffwechsel führt. Mit anderen Worten - Menschen mit diesen Polymorphismen können mit ihren Energieressourcen sparsamer umgehen und sind besser konditioniert für Hungerphasen (gute "Futterverwerter").

In Zeiten des Nahrungsmangels (unsere Vorfahren) würden diese Menschen also über einen Selektionsvorteil verfügen, da es genau diese Menschen sind, die mit ihren körpereigenen Ressourcen besonders effizient umgehen können. In Zeiten des Nahrungsmittelüberflusses (gegenwärtig in den entwickelten Ländern) würde sich der bisherige Selektionsvorteil in einen Nachteil umkehren. Aufgrund mangelnder körperlicher Aktivität und ungesunder Lebensweise kommt es zum Übergewicht. Die nun vorherrschende diabetogene Umgebung fördert die Krankheitsmanifestation. Im Gegensatz dazu geht die Diabetesinzidenz und in Kriegszeiten deutlich zurück, da die Umwelt weniger diabetogen wirkt. Prinzipiell wird somit klar, dass bei gesunder Lebensweise und Normalgewichtigkeit der Diabetes in den meisten Fällen vermieden werden kann. Der Therapieansatz steht damit fest und liegt in der frühzeitigen Vermeidung von Übergewichtigkeit. Daraus lässt sich ableiten, dass man den Typ-2-Diabetes als eine Extremvariante des normalen Stoffwechsels mit höchst effizienter Energieverwertung begreifen kann. Allerdings ist einzuräumen, dass nur ca. 30 Prozent alle Übergewichtigen einen Diabetes entwickeln.

Der Typ-2 Diabetes benötigt Jahrzehnte zur Manifestation. In früheren Zeiten erlebten die meisten Menschen das Manifestationsalter selbst bei ausreichender Ernährung nicht mehr. Andererseits bedeutet dies auch, dass das Bild der wahren Prävalenz des Typ-2-Diabetes eine inkorrekte Aussage liefert, wenn man die Gesamtbevölkerung als Stichprobe nimmt. Der Risikopatient benötigt 40 Jahre „diabetogener" Lebensweise, um letzten Endes zu erkranken. Zieht man außerdem die Hypothese des Selektionsvorteils für den Diabetes mit in Betracht, so wird auch erklärbar, warum die Prävalenz heutzutage solche Ausmaße erreichen kann. Die letzten 7,5 Millionen Jahre seit der Trennung der menschlichen Entwicklung von der der Primaten waren im Wesentlichen „Dürrejahre", so dass der Selektionsdruck lange Zeit ungestört die Menschen herausfiltern konnte, welche aufgrund ihrer körpereigenen Energieeffizienz besonders gute Überlebenschancen hatten.

Der diabetische Nierenschaden

​Der diabetische Nierenschaden - die diabetische Nephropathie - ist die gefürchtetste diabetische Spätkomplikation, die durch eine zunehmende Eiweissausscheidung im Urin, durch eine sich bereits frühzeitig entwickelnde Hypertonie, durch einen unaufhaltsamen Verfall der glomerulären Filtrationsrate bis zur Dialysepflichtigkeit und durch eine hohe kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität auffällt.

Epidemiologie. Die kumulative Inzidenz nach 20 Jahren erreicht beim Typ-1-Diabetes etwa 30 Prozent. Für den Typ-2-Diabetes wird eine kumulative Inzidenz von 25 - 40 Prozent nach einer Diabetesdauer von mindestens 25 Jahren angegeben. Beim Typ-2-Diabetes scheint die Zeit von der Diagnosestellung Diabetes bis zur manifesten Nephropathie kürzer zu sein als beim Typ-1-Diabetes, da oft bis zu 11 Jahre zwischen Diabetesmanifestation und Diagnosestellung liegen. Die Prävalenz der diabetischen Nephropathie beim Typ-2-Diabetiker variiert abhängig vom ethnischen Hintergrund zwischen 15 und 60 Prozent. Pima-Indianer haben die höchste Prävalenz. wie bereits erwähnt, sind an der Pathogenese der diabetischen Nephropathie genetische Faktoren beteiligt. Einige Familien mit vielen Diabetikern zeigen kaum diabetische Nephropathie, wohingegen in anderen etwa 80 Prozent der Risikopatienten die Nephropathie entwickeln.

Pathogenetische Faktoren

​Ein erhöhter arterieller Blutdruck tritt relativ früh im Verlauf der Nephropathie auf. Sowohl für den Typ-1- als auch den Typ-2-iabetes konnte eine enge Korrelation zwischen dem Blut und der Verringerung der GFR nachgewiesen werden. Auch bei nichtdiabetischen Nephropathien bewirkt eine systemische Hypertension eine beschleunigte Progression der Pathogenese.

Die Proteinurie ist ein Marker für das Ausmaß der glomerulären Zerstörung. Aber einige Studien zeigten, dass die Proteinurie selbst zur Zerstörung der Nieren beiträgt. Typ-1-Dabetiker mit diabetischer Nephropathie im Stadium der Proteinurie in nephrotischen Bereichen (>3 g/d) weisen die schlechteste Prognose auf.

Alle Studien an Typ-1- und Typ-2-Diabetikern konnten demonstrieren, dass eine Hypercholesterolämie eng mit der Progression der Nephropathie assoziiert ist.

Genetische Prädisposition: In der Ätiologie der diabetischen Nephropathie spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Diese Erkenntnis basiert auf den Beobachtungen, dass 1. sich die Stoffwechseleinstellung bei Diabetikern mit und ohne Nephropathie nicht unterscheidete und 2. trotz langjähriger schwerer Hyperglykämie eine große Anzahl von Diabetikern keine Nephropathie entwickelten.

Weitere Hinweise für eine genetische Prädisposition ergeben sich aus der familiären Häufung. Etwa 33 - 83 Prozent der Geschwister von Typ-1-Diabetikern mit diabetischer Nephropathie entwickeln die Nephropathie, wohingegen nur 10 - 17 Prozent der Geschwister von Typ-1-Diabetikern ohne Nephropathie Kennzeichen der Nephropathie aufweisen. In Afroamerikanern sind 37 Prozent der Verwandten von dialysepflichtigen Typ-2-Diabetikern ebenfalls dialysepflichtig, auf der anderen Seite betrifft dies nur 7 Prozent der Verwandten von Typ-2 Diabetikern ohne Nephropathie. In Pima-Indianern wird die Nephropathie in 46 Prozent der Nachkommen beobachtet, wenn beide Eltern eine Proteinurie aufweisen, in 23 Prozent, wenn ein Elternteil proteinurisch ist und nur in 14 Prozent, wenn keine Proteinurie bei den Eltern nachweisbar ist.

Stadien der Diabetischen Nephropathie

Die Stadieneinteilung orientiert sich an den Stadien der chronischen Niereninsuffizienz nach KDOQI/KDIGO. Nach 2 Jahren Diabetesdauer beginnt die glomeruläre Hyperfiltration. Nach 2 - 10 Jahren Diabetesdauer folgt die Phase der Mikroalbuminurie (30-300 mg/d bzw. mg/g U-Kreatinin), die der früheste Indikator einer diabetischen Nierenfunktionsstörung ist. Besonders hohen prädiktiven Wert hat die Mikroalbuminurie beim Typ-1-Diabetes. Die glomeruläre Filtrationsrate ist normal oder sogar leicht erhöht. Nach etwa 10 - 20 Jahren Diabetesdauer kommt es zur Makroalbuminurie (>300 mg/d bzw. mg/g U-Kreatinin).

Diese Phase geht schließlich nach etwa 20 - 25 Jahren Diabetesdauer in das Stadium der Niereninsuffizienz mit der Entwicklung bzw. Verschlechterung der arteriellen Hypertonie und mit einer Proteinurie (>500 mg/d bzw. mg/g U-Kreatinin) über. Dieses Stadium führt rasch zur Dialysepflicht.

Symptome der Diabetischen Nephropathie

​Die Klinik der Nephropathie ähnelt sich bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Während der ersten 10 - 15 Jahre kann die Nephropathie komplett unerkannt bleiben. Erstes wichtiges Indiz für die manifeste Nephropathie ist die Mikroalbuminurie, nach der allerdings gesucht werden muss, da sie sich nicht in einer klinischen Symptomatik äußert.

Man schätzt für den Typ-2-Diabetes, dass die Erkrankung zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose schon ca. 10 Jahre besteht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, bereits beim ersten klinischen Zeichen des Diabetes nach der Nephropathie zu suchen.

Parallel zur Entwicklung der Mikroalbuminurie kommt es zum Anstieg des arteriellen Blutdrucks und eventuell zur Hypercholesterolämie. Beide Faktoren beschleunigen die Entwicklung der diabetischen Nephropathie. Eine Retinopathie findet man in 90 Prozent der Typ-1- und 60 Prozent der Typ-2-Diabetiker mit diabetischer Nephropathie.

Diagnostik der diabetischen Nephropathie

​Das Leitsymptom ist die Mikroalbuminurie, die jedoch nicht in jedem Fall auftreten muss. Für Screeningzwecke stehen hierbei sensitive Teststreifen zur Verfügung. Bei positivem Testergebnis muss sich eine wiederholte quantitative Mikroalbumin-bestimmung anschließen, um die Diagnose der beginnenden diabetischen Nephropathie zu sichern.

In Zukunft könnte der Urinmarker Podocalyxin die Untersuchung auf Mikro-albuminurie ersetzen. Podocalyxin wird bei Zerstörung der Podozyten freigesetzt, was lange vor dem ersten Auftreten der Mikroalbuminurie passiert.

Zur weiteren Abklärung sind ein Blutdruckmonitoring, eine Funduskopie, Urinsedimente und -kulturen, Bestimmung der eGFR und die Bestimmung der Blutfette erforderlich. In der Nierensonographie fallen entweder zu große, normalgroße bzw. die Schrumpfnieren im Endstadium der Niereninsuffizienz auf.

Wann ist eine Nierenbiopsie erforderlich?

​Eine Nierenbiopsie zur Diagnose der diabetischen Nephropathie ist grundsätzlich nicht erforderlich. Indikationen zur Punktion wären:

  • das Vorliegen einer Nephropathie ohne diabetische Retinopathie,
  • ein rascher Funktionsverlust der Nieren ohne vorangegangene Proteinurie,
  • eine rapide Verschlechterung der Nierenfunktion,
  • ein ausgeprägtes nephrotisches Syndrom ohne Zeichen der Niereninsuffizienz mit einer Diabetesdauer <10 Jahre und ohne weitere typische diabetische Spätkomplikationen.

Therapie

​Die Basistherapie umfaßt Gewichtsnormalisierung, Salzbeschränkung (5 - 6 g/d), Eiweißreduktion (0,6 g/kg Körpergewicht und Tag) und Nikotinkarenz. Eine möglichst euglykäme Stoffwechsellage mit einem HbA1c von <7,0 Prozent ist anzustreben.Zwar stehen eine Reihe oraler Antidiabetika zur Verfügung, letzten Endes können aber nur Gliquidon und Pioglitazon in allen Stadien der Niereninsuffizienz verwendet werden. Metformin ist spätestens ab Stadium 3 kontraindiziert (weitere Informationen hier). Kommt es zum Sekundärversagen wird eine Insulinierung erforderlich. Hier ist jedoch große Vorsicht geboten, da die Niere normalerweise Insulin deaktiviert, was eine versagende Niere nicht mehr kann. Somit entwickelt sich die Gefahr gefährlicher Unterzuckerungen.

Eine optimale Blutdruckeinstellung ist das oberste Gebot. Als Zielblutdruck wird heute ein Wert zwischen 130 - 140/80 - 90 mmHg angesehen. Bei Typ-2-Diabetikern ist eine zu rasche Senkung zu vermeiden, um angesichts häufig vorliegender Begleiterkrankungen (koronare Herzkrankheit, Karotisstenosen) keine Gefährdung durch ischämische Ereignisse zu provozieren.

Auch im Hinblick auf die Hypercholesterinämie sind Patienten mit diabetischer Nephropathie als Hochrisikogruppe einzustufen, so daß das LDL-Cholesterin durch HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (Statine) unter 100 mg/dl eingestellt werden sollte.

Verlauf und Prognose

​Im Stadium 1 (Mikroalbuminurie) sind die renalen Veränderungen noch reversibel, aber können auch die Vorboten für die spätere Entwicklung einer klinischen Nephropathie sein. Hiebei sind die genetische Prädisposition, das männliche Geschlecht und die Güte der Diabetes- und Blutdruckeinstellung verlaufsbestimmend. Das Stadium der Makroalbuminurie ist nicht mehr reversibel. Durch diätetische Maßnahmen und adäquate medikamentöse Therapie von Hyperglykämie, ansteigendem arteriellen Blutdruck und Hyperlipidämie kann der stadienhafte Verlauf der diabetischen Nephropathie bis hin zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz hinausgezögert werden.

Die diabetische Nephropathie ist die häufigste Ursache der dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Von allen Dialysepatienten zeigen Diabetiker an der Dialyse mit 20 - 30 Prozent die höchste jährliche Mortalität. Dies ist zum weitaus größten Teil auf eine generalisierte und fortgeschrittene Arteriosklerose zurückzuführen.

Die Mikroalbuminurie und später Makroalbuminurie gehen mit einer arteriellen Hypertonie und Hyperlipidämie einher. Diese atherogene Konstellation führt bei Typ-1-Diabetikern mit Proteinurie zu einer 50fach gesteigerten Mortalität gegenüber Patienten ohne diabetische Nephropathie. Die Inzidenz der proliferativen Retinopathie ist ebenso um ein vielfaches gesteigert.

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