Die erste Kontaktaufnahme erfolgt immer durch ein ambulantes
Informationsgespräch in unserer kinderchirurgischen Poliklinik. Dabei werden die
Möglichkeiten der Behandlung dargestellt und Ihre Fragen ausführlich besprochen.
Bitte bringen Sie zum ersten ambulanten Informationsgespräch alle bereits
vorliegenden Untersuchungsergebnisse (z.B. Kolon-Kontrasteinlauf, Ultraschall,
Pathologischer Befund einer Rektumbiopsie o.ä.) mit.
In unserer
Sprechstunde führen wir dann ein ausführliches Gespräch über die Vorgeschichte
Ihres Kindes. Danach wird es von uns untersucht. Oft sind eine oder mehrere der
folgenden zusätzlichen Untersuchungen nötig, um die Diagnose Morbus Hirschsprung
(MH) zu stellen oder auszuschließen:
Diagnostik
Ultraschalluntersuchung des
Bauches
Hiermit können wir erkennen, wie gefüllt der Dickdarm ist
und wo Aufweitungen vorliegen.
Röntgenaufnahme des Dickdarms mit
Kontrastmittel („Kolon-Kontrasteinlauf")
Über einen weichen
Gummischlauch, der vorsichtig in den After eingeführt wird, wird Kontrastmittel
in den Dickdarm eingebracht und dieser anschließend auf einem Röntgenbild
dargestellt. In vielen Fällen kann so das enge Segment und der stark erweiterte
Abschnitt des Dickdarms sichtbar gemacht werden. Allerdings kann der Befund
dieser Untersuchung auch nicht ganz eindeutig sein, insbesondere wenn nur ein
kurzes Stück Darm befallen bzw. „aganglionär" ist oder wenn ein
Neugeborenes untersucht wird. Bei letzteren ist die typische Erweiterung des
Darmabschnitts meist noch gar nicht stark ausgeprägt.
Abb. 1: Kolon-Kontrasteinlauf bei einem 3 Monate alten Jungen
mit Morbus Hirschsprung. Man sieht das (weiss) kontrastierte, erweiterte Rektum
(Mastdarm). |  |
Gewebeentnahme aus der Darmschleimhaut per Biopsie („Rektumbiopsie")
Bei einer Biopsie wird eine Gewebeprobe aus der Darmschleimhaut entnommen, die dann von einem Gebespezialisten (Pathologen) unter dem Mikroskop und mit speziellen Färbetechniken (auf das Vorhandensein von Nervenzellen untersucht werden sog. Immunhistochemische Untersuchungsmethoden). Wenn der Verdacht eines langstreckigen Morbus Hirschsprung besteht, kann es sein, dass wir über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) eine kleine Gewebeprobe aus unterschiedlichen Darmabschnitten entnehmen müssen. Für die Rektumbiopsie als auch die laparoskopische Biopsie ist eine kurze Narkose im Rahmen eines ambulanten Aufenthaltes bei uns nötig.
Molekulargenetische Diagnostik
Hierbei wird eine Blutprobe Ihres Kindes auf bekannte Gendefekte untersucht, die beim MH von Bedeutung sind. Mit diesem „Gentest" kann man jedoch die Diagnose Morbus Hirschsprung nicht stellen, sie dient meist wissenschaftlichen Zwecken. Eine vorgeburtliche (pränatale) Diagnose ist zudem auch mit molekulargenetischen Methoden nicht möglich.
Enddarmdruckmessung (Rektummanometrie)
Eine Funktionsdiagnostik des Enddarmes und des analen Schließapparates wird bei
muskulärer Schwäche (Inkontinenz), Störungen der Stuhlentleerung (chronische
Obstipation, Enkopresis, Darmverletzungen) und neurogenen Erkrankungen des
Darmes (Dysganglionosen, Mb. Hirschsprung, MMCele) durchgeführt.
Operation
Ist die Diagnose eines MH
gestellt, muss Ihr Kind zu einem geplanten Zeitpunkt (elektiv) operiert werden.
Ziel der Operation ist es, den Darmabschnitt, in dem die Nervenzellen fehlen, zu
entfernen. Anschließend wird der davor liegende, gesunde und funktionierende
Darm an das verbleibende kurze Stück des Enddarms angeschlossen
(„anastomosiert"). Hierbei muss auch im Bereich des Analkanals bzw. im Bereich
des Schließmuskels operiert werden. Dies sollte so vorsichtig geschehen, dass
der Schließmuskel selbst bei der Operation auf keinen Fall verletzt wird, und
die Kontinenz Ihres Kindes erhalten bleibt.
Für die Operation eines MH
gibt es verschiedene Operationsverfahren, die jeweils nach dem Kinderchirurgen
benannt sind, der diese entwickelt hat. Sie unterscheiden sich dadurch, dass
entweder schonend vom Anus aus oder aber per Bauchspiegelung
(minimal-invasiv = laparoskopisch) oder in Kombinationstechnik operiert
wird. Die Wahl des Operationsverfahrens hängt dabei von der Form des MH
ab.
Folgende Operationsmethoden werden in unserem Zentrum häufig
durchgeführt:
- Soave bzw. de la Torre (endorektale
transanale Rektosigmoidektomie) Resektion, Durchzug durch eine Darmmanschette
ohne Schleimhaut und transanale End-zu-End-Anastomose.
- Swenson (Rektosigmoidektomie) Durchzug, Resektion und
transanale End-zu-End-Anastomose.
- Duhamel (retrorektale transanale Durchzugsoperation)
Resektion, Durchzug und transanale End-zu-Seit-Anastomose).
Laparoskopische Biopsie und Präparation
Abb. 2: Über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) kann der
Dickdarm gelöst („mobilisiert") oder auch ein Stück Dickdarm für die
feingewebliche Untersuchung auf Nervenzellen (Biopsie) entnommen
werden. (Bild modifiziert nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric
Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Abb. 3: In Bildmitte sieht man den Dickdarm, der links im Bild
erweitert ist. Unten und rechts im Bild sieht man Dünndarm. |  |
Abb. 4: Über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) wird ein Stück
Dickdarm entnommen, ohne dabei die Schleimhaut (Mukosa) zu verletzen (sog.
„seromuskuläre Biopsie"). |  |
Abb. 5: Die Schleimhaut bleibt nach der Probeentnahme intakt,
was verhindert, dass Dickdarminhalt (Stuhl) in die Bauchhöhle treten kann. |  |
Abb. 6: Laparoskopische Mobilisation. Durch die Bauchspiegelung
(Laparoskopie) wird der Dickdarm gelöst („mobilisiert"). Auf diesem Bild
verläuft der Dickdarm von mitte-oben nach rechts unten. Mit einem kleinen
Elektrohäkchen werden die Aufhängungen des Dickdarms so gelöst, dass er später
vom After aus nach außen durchgezogen werden kann. |  |
Operation nach Soave bzw. de la Torre (endorektale transanale
Rektosigmoidektomie)
Abb. 7: Das Kind wird in Rückenlage operiert und die Beine
hochgehalten. Mit mehreren kleinen Haltefäden wird der Analkanal nach „außen
gestülpt" (exponiert), dass der Operateur optimale Sicht in das Operationsgebiet
erhält. (Bild modifiziert nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric
Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Abb. 8: Die Schleimhaut wird oberhalb einer bestimmten Struktur
im Analkanal (Linea dentata) rundherum eingeschnitten und unmittelbar unter der
Schleimhaut (Soave bzw. de la Torre Schicht) oder entlang der gesamten
Rektumwand (Swenson-Schicht) in die Teife präpariert. Diese Präparation wird so
weit fortgeführt, bis die „Peritoneale Umschlagfalte" erreicht ist, an der man
in den Bauchraum gelangt. So kann in der Regel der gesamte Mastdarm (Rektum) und
Dickdarm, welcher krankhaft verändert und daher enggestellt ist (keine
Ganglienzellen enthält), nach außen gezogen werden. (Bild modifiziert
nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric Surgical Techniques, Elsevier,
2010) |  |
Abb. 9: An der Stelle, wo der Dickdarm nicht mehr enggestellt
ist, vermutet der Operateur, dass sich wieder Ganglienzellen im Dickdarm
befinden. Dann wird eine weitere Probeentnahme für den Pathologen
entnommen. (Bild modifiziert nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric
Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Abb. 10: Nach Bestätigung des Vorhandenseins von Ganglienzellen
durch die Pathologie wird der Dickdarm an dieser Stelle
durchtrennt. (Bild modifiziert nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric
Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Abb. 11: Der gesunde, funktionierende Dickdarm (der
Ganglienzellen trägt) wird rundherum in den Analkanal eingenäht. (Bild
modifiziert nach Chung and Chen - Atlas of Pediatric Surgical Techniques,
Elsevier, 2010) |  |
Duhamel-Operation (retrorektale transanale Durchzugsoperation)
Abb. 12: Der erkrankte Teil des Dickdarms, der keine
Ganglienzellen trägt, wird vom Bauchraum aus entfernt. Dann wird der gesunde
Dickdarm, der Ganglienzellen enthält bis kurz vor eine bestimmte Landmarke im
Analkanal (Linea dentata) heruntergezogen. (Bild modifiziert nach Chung
and Chen - Atlas of Pediatric Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Abb. 13: Ein automatisches mechanisches Klammernahtgerät
(„Stapler") wird in den Anus und den durchgezogenen Dickdarm eingeführt (etwa
8cm) und eine Verbindung zwischen dem Rektum (vorne liegend - ohne
Ganglienzellen) und dem durchgezogenen Dickdarm (hinten liegend - mit
Ganglienzellen) geschaffen. Der Stapler ist in der Lage, Gewebe zuerst zu
durchtrennen und dann die Ränder mittels einer Klammernahtreihe zu verschließen.
So entsteht ein Stuhl-Reservoir. (Bild modifiziert nach Chung and Chen -
Atlas of Pediatric Surgical Techniques, Elsevier, 2010) |  |
Laparoskopisch-assistierte Durchzugsoperation nach Swenson (Rektosigmoidektomie, Resektion und transanale End-zu-End-Anastomose)
Bei ausgewählten Patienten führen wir diese Operation auch mit dem Operationsroboter DaVinci robotisch-assistiert durch.