Leitlinien sind systematisch entwickelte Empfehlungen, die Ärzten, anderen Gesundheitsfachberufen sowie Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen helfen, fundierte Entscheidungen bei spezifischen Gesundheitsproblemen zu treffen. Sie dienen als wichtige Instrumente zur Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen und zielen darauf ab, die medizinische Versorgung durch die Bereitstellung aktuellen Wissens zu verbessern. Leitlinien werden in Deutschland nach dem Regelwerk der AWMF, dem Netzwerk der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, in vier Entwicklungsstufen von S1 bis S3 entwickelt und klassifiziert, wobei S3 die höchste Qualitätsstufe der Entwicklungsmethodik ist.
Ende 2012 hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psycho-somatik und Nervenheilkunde (DGPPN) die erste Auflage der evidenz-basierten Konsensus Leitlinie (S3 Leitlinie) „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" veröffentlicht. 
Psychosoziale Therapien sind neben somatischen und psychotherapeutischen Therapieverfahren eine wichtige Säule in der Behandlung schwer psychisch kranker Menschen. Hauptmerkmal dieser Leitlinie ist der diagnoseübergreifende Ansatz. Die Zielgruppe – Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen – ist definiert durch eine Krankheitsdauer von mehr als zwei Jahren und erhebliche Beeinträchtigungen der psychosozialen Funktionsfähigkeit und einen komplexen Hilfebedarf.
Die Behandlungsleitlinie wird zusätzlich zur Langversion ergänzt durch zahlreiche Produkte zur Verbreitung der Leitlinie und des Wissens über Psychosoziale Therapien (siehe auch Leitlinien - Publikationen - DGPPN):

Bis Ende 2024 wird nun unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Wirksamkeit psychosozialer Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen eine 3. Auflage entwickelt. In diesem Update erfolgt die Systematisierung entlang eines Recovery-orientierten Modells der psychosozialen Versorgung. Die einzelnen Interventionen können hinsichtlich ihrer Zielrichtung dabei in fünf großen Bereichen verortet werden: Beschäftigung und berufliche Teilhabe, soziale und kulturelle Teilhabe, Behandlung und deren Koordination, Gesundheitskompetenz und Selbsthilfe sowie Gesundheit und Wohlergehen.

Ein vollkommen neuer Aspekt bei der aktuellen Überarbeitung der Leitlinie ist der systematische Einbezug von Angehörigen und Betroffenen in die Leitlinienarbeit. Um die durchgehende, prozessbegleitende Mitarbeit von Psychiatrieerfahrenen und Angehörigen im Prozess der Leitlinienerstellung sicherzustellen, wurde eine „Arbeitsgruppe Impuls" etabliert. Die Arbeitsgruppe mit zwölf Vertretern aus dem Kreis der Angehörigen und Betroffenen steht in intensivem Austausch untereinander und mit der Leitlinien-Projektgruppe und begleitet den gesamten Prozess des Updates der S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. Sie ist damit Vorreiter für den Einbezug von Betroffenen und Angehörigen in der gesamten Leitlinienwelt.
Die dritte aktualisierte Auflage der S3 Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen wird voraussichtlich Ende des Jahres 2024 erscheinen.
Beteiligte Expertinnen und Experten (3.Auflage)
Konsensusgruppe (3.Auflage)
AG Impuls (3. Auflage)
Leitlinienprojektgruppe:
Dr. rer. med. Uta Gühne; Prof. Dr. med. Thomas Becker, Dr. Dr. Stefan Weinmann und Prof. Dr. med. Steffi Riedel-Heller, MPH
Projektverantwortliche Ansprechpartnerinnen:
Dr. rer.med. Uta Gühne (uta.guehne@medizin.uni-leipzig.de)
Prof. Dr. med. Steffi G. Riedel-Heller, MPH
Leitlinien-Sekretariat
Antje Kramer
Tel.: +49 (0)341/9724560
Info-Leitlinie-PsychosozialeTherapien@medizin.uni-leipzig.de
Wissenschaftliche Publikationen zum Leitlinienprozess
Schladitz K, Weitzel EC, Löbner M, Soltmann B, Jessen F, Schmitt J, Pfennig A, Riedel-Heller SG, Gühne U. Wie gelingt die Einbindung von Betroffenen- und Angehörigenvertreter:innen in die Entwicklung von evidenz- und konsensbasierten Behandlungsleitlinien? Ergebnisse einer Umfrage im Fachbereich Psychiatrie. Psychiatr Prax. 2024; 51(4):195-201. doi: 10.1055/a-2201-7987.
Fritz S, Kösters M, Allgöwer A, Becker T, Kilian R, Gühne U, Riedel-Heller SG, Hasan A, Falkai P, Ajayi K, Baumgärtner J, Brieger P, Frasch K, Heres S, Jäger M, Küthmann A, Putzhammer A, Schneeweiß B, Schwarz M, Breilmann J. Einfluss von Leitlinienempfehlungen, Versorgungsstrukturen und individuellen Faktoren auf die Inanspruchnahme von psychosozialen Therapien bei schwer psychisch kranken Menschen. Psychiatr Prax. 2024; 51(3):129-138. doi: 10.1055/a-2133-3527.
Soltmann B, Lange T, Deckert S, Riedel-Heller SG, Gühne U, Jessen F, Bauer M, Schmitt J, Pfennig A. Konzepte zur Unterstützung dynamischer Aktualisierungsprozesse von Leitlinien und ihre Implementierung in der Praxis– systematische Literaturrecherche. Nervenarzt. 2023; 94(7):594-601. doi: 10.1007/s00115-023-01505-4.
Pfennig A, Soltmann B, Riedel-Heller SG, Gühne U, Jessen F, Bauer M, Schmitt J. Herausforderungen und aktuelle Ansätze der Entwicklung psychiatrischer Living Guidelines in Deutschland. Nervenarzt. 2023; 94(7):587-593.. doi: 10.1007/s00115-023-01504-5.
Gühne U, Weitzel EC, Schladitz K, Löbner M, Soltmann B, Jessen F, Schmitt J, Pfennig A, Riedel-Heller SG. Erwartungen der Leitlinienentwickler*innen an „living guidelines". Nervenarzt. 2023; 94(7):602-608. doi: 10.1007/s00115-023-01476-6.
Richter D, Riedel-Heller S, Breilmann J, Hasan A, Falkai P, Kilian R, Allgoewer A, Ajayi K, Baumgaertner J, Brieger P, Frasch K, Heres S, Jäger M, Küthmann A, Putzhammer A, Schneeweiß B, Schwarz M, Becker T, Kösters M, Gühne U. Der subjektive Stellenwert von Bewegungs- und Sporttherapie bei Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung in Deutschland. Fortschr Neurol Psychiatr. 2023; 91(5):191-198. doi: 10.1055/a-1854-5174.
Schladitz K, Weitzel EC, Löbner M, Soltmann B, Jessen F, Schmitt J, Pfennig, A, Riedel-Heller SG, Gühne U. Demands on Health Information and Clinical Practice Guidelines for Patients from the Perspective of Adults with Mental Illness and Family Members: A Qualitative Study with In-Depth Interviews. Int J Environ Res Public Health. 20221; 19(21):14262. doi: 10.3390/ijerph192114262.
Gühne U, Weinmann S, Becker T, Riedel-Heller SG. Das Recovery-orientierte Modell der psychosozialen Versorgung. Psychiatr Prax. 2022 ; 49(5):234-236. doi: 10.1055/a-1809-8461.
Gühne U, Weinmann S, Becker T, Riedel-Heller SG. Psychosoziale Therapien in der Psychiatrie : Update der DGPPN-S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen". Nervenarzt. 2020; 91(11):993-1002. doi: 10.1007/s00115-020-00955-4.
Gühne U, Weinmann S, Riedel-Heller SG, Becker T. Psychosocial therapies in severe mental illness: update on evidence and recommendations. Curr Opin Psychiatry. 2020; 33(4):414-421. doi: 10.1097/YCO.0000000000000618.
Breilmann J, Kilian R, Riedel-Heller SG, Gühne U, Hasan A, Falkai P, Allgöwer A, Muche R, Becker T, Ajayi K, Brieger P, Frasch K, Heres S, Jäger M, Küthmann A, Putzhammer A, Schmauß M, Schneeweiß B, Schwarz M, Kösters M. Implementation of the patient version of the evidence-based (S3) guideline for psychosocial interventions for patients with severe mental illness (IMPPETUS): study protocol for a cluster randomised controlled trial. Trials. 2020 18;21(1): 275. doi: 10.1186/s13063-020-4200-z.
Gühne U, Konrad M. Chancen zur Umsetzung der Leitlinienempfehlungen zu psychosozialen Therapien im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Psychiatr Prax. 2019; 46(8):468-475. doi: 10.1055/a-1011-9606.
Gühne U, Weinmann S, Becker T, Riedel-Heller SG. Evidenzbasierte Behandlung von schwer psychisch kranken Menschen mit psychosozialen Therapien – Erstes Update der DGPPN-S3-Leitlinie erscheint Ende 2018. Psychother Psychosom Med Psychol. 2018 Nov;68(11):475-480. doi: 10.1055/a-0743-5259.
Gühne U, Weinmann S, Becker T, Riedel-Heller SG. Die S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" – nach dem Update ist vor dem Update. Psychiatr Prax. 2018; 45(3):119-121.doi: 10.1055/a-0574-4008.
Gühne U, Becker T, Riedel-Heller S. Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen: Ausblick auf das Update der S3-Leitlinie der DGPPN. Psychother Psychosom Med Psychol. 2016 ; 66(8):337-40. doi: 10.1055/s-0042-111733.
Gühne U, Weinmann S, Arnold K, Becker T, Riedel-Heller SG. S3 guideline on psychosocial therapies in severe mental illness: evidence and recommendations. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci. 2015 ; 265(3):173-88. doi: 10.1007/s00406-014-0558-9.
Riedel-Heller SG, Gühne U, Weinmann S, Becker T; German Society for Psychiatry, Psychotherapy and Neurology. Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen - Die S3-Leitline der DGPPN: Stand der Forschung, Behandlungsempfehlungen und Desiderate für die Versorgungsforschung. Psychother Psychosom Med Psychol. 2012; 62(11):425-8. German. doi: 10.1055/s-0032-1327676.
Riedel-Heller SG, Gühne U, Weinmann S, Arnold K, Ay ES, Becker T. Psychosoziale Interventionen bei schweren psychischen Störungen: Evidenz und Empfehlungen: Psychoedukation, Training sozialer Fertigkeiten, Sport und Bewegung. Nervenarzt. 2012; 83(7):847-54. German. doi: 10.1007/s00115-011-3471-8.