Für alle klinischen Studien gelten in Deutschland strenge gesetzliche Vorschriften und Richtlinien, an die sich alle Prüfärzte und Teammitglieder der Prüfstudie halten müssen. Darüber hinaus existiert ein festgelegtes Verfahren, das durchlaufen werden muss, bevor neue Behandlungsformen an Patienten untersucht werden können. Der erste Schritt im Rahmen von Therapiestudien beginnt mit wissenschaftlichen Untersuchungen im Labor und wird als prä-klinische Studie bezeichnet. Erst wenn die Ergebnisse aus den Labortests überzeugende Daten erbringen, die für die Vorteile eines neuen Medikaments sprechen, darf dieses in einem geordneten Stufenprogramm - sogenannten Phasen - am Patienten getestet werden. Mögliche Risiken werden vor Beginn der Studie streng durch Ethik-Kommissionen und Behörden überprüft, die besonders auf die Sicherheit der Studienteilnehmer achten.
Erst nach Abschluss einer Studie kann bei Nachweis von positiven Ergebnissen eine Zulassung des Medikaments beantragt werden und das Medikament schließlich allen Erkrankten zugutekommen. Therapiestudien sind daher der letzte Schritt eines langen Forschungsprozesses.
Nachfolgend sind die verschiedenen Stufen von klinischen Studien erläutert:
Phase I Studien
In Phase I Studien wird ein neues Therapieverfahren, das in prä-klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse erbracht hat, zum ersten Mal beim Menschen (First in Human) eingesetzt. Hierbei wird die Verträglichkeit und Sicherheit des Medikaments, seine Verteilung und sein Abbau im Körper zunächst an einer kleinen Gruppe von Patienten untersucht. Um die benötigten Daten zu erhalten, werden in Phase I Studien viele Blut- und Urinproben genommen, und die Patienten werden engmaschig überwacht. Da trotz sorgfältiger Vortests im Labor unerwartete Nebenwirkungen nicht vollständig ausgeschlossen werden können, dürfen an Phase I Studien nur Patienten teilnehmen, bei denen alle Möglichkeiten der Standardbehandlung bereits ausgeschöpft sind. Gleichzeitig besteht jedoch die Chance, dass Sie Zugang zu einem neuen, wirksamen Medikament erhalten.
Phase II Studien
Phase II Studien schließen sich auf die Erkenntnissen aus Phase I Studien an und erweitern diese. Es wird die Wirksamkeit eines Medikaments, eventuell in Kombination mit anderen Medikamenten analysiert. Ziel ist außerdem, die zuvor ermittelte Dosis zu bestätigen und ggf. auftretende Nebenwirkungen genau zu untersuchen.
Phase III Studien
Nach Abschluss der Phase II Studien und Festlegung einer optimalen Dosis soll in Phase III der sichere Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des untersuchten Medikaments erbracht werden. Dafür wird das neue Therapieverfahren mit einer bekannten Standardbehandlung verglichen. Häufig werden sogenannte randomisierte Prüfungen durchgeführt, dies bedeutet eine zufällige Zuteilung in einen Studienarm (entweder Prüfmedikament oder Standardtherapie). In Phase III Studien werden viele Patienten einbezogen und die Studie wird häufig an mehreren Kliniken gleichzeitig durchgeführt (multizentrisch).
Wenn in der Phase III Studie ein Vorteil des neuen Therapieverfahrens / Medikament gegenüber den üblichen Standardtherapie nachweisbar ist, kann eine Zulassung des Therapieverfahrens / Medikaments beantragt und nach Zulassung in die Regelversorgung übernommen werden. Damit ergeben sich Vorteile für eine große Zahl von Patienten.
Studiendesign
Die Ergebnisse einer Therapiestudie können große Bedeutung für zukünftige Behandlungskonzepte haben. Daher muss gewährleistet sein, dass man sich auf die Erkenntnisse aus der Studie verlassen kann. Aus diesem Grund müssen Faktoren, die Einfluss auf die Ergebnisse haben könnten, vorab so weit wie möglich minimiert werden.
Folgende Maßnahmen dienen zur Kontrolle potentieller Störfaktoren:
Ein- und Ausschlusskriterien
Dies sind sogenannte „Eingangskriterien" für die Teilnahme an einer Studie und stellen im Voraus definierte Richtlinien dar, die festlegen, welche Patienten an der Studie teilnehmen können. Sie werden als Einschlusskriterien (Merkmale, die erfüllt sein müssen) und Ausschlusskriterien (Merkmale, die einer Studienteilnahme entgegenstehen) bezeichnet. Hierzu gehören unter anderem:
- Krebsform
- das Stadium der Erkrankung
- Begleiterkrankungen
- Alter des Patienten
- bereits erhaltene Krebstherapien
Durch die Festlegung von Ein- und Ausschlusskriterien im Prüfprotokoll vorab wird gewährleistet, dass zur Beantwortung der Studienfragestellung nur Daten von Patienten mit vergleichbaren Erkrankungsmerkmalen herangezogen werden. Zudem soll vermieden werden, dass Patienten bei einer Studienteilnahme zu großen Belastungen und Risiken ausgesetzt werden, wenn beispielsweise bestimmte Begleiterkrankungen vorliegen.
Randomisierung
Nach dem Zufallsprinzip erhalten Patienten in randomisierten Therapiestudien eine von mehreren, zuvor genau definierten Behandlungen. Die verschiedenen Behandlungsverfahren werden dabei als Therapiearme bezeichnet. Oft wird in randomisierten Studien das neue, zu prüfende Therapieverfahren mit der Standardbehandlung oder einem Scheinmedikament (Placebo) verglichen.
Durch die Randomisierung (=zufällige Verteilung der teilnehmenden Patienten auf die Therapiearme) wird geprüft, ob durch das Studienmedikament bessere Ergebnisse erzielt werden können. Zusätzlich wird dadurch eine Gleichverteilung der Patienten mit bestimmten Merkmalen auf die Therapiearme gewährleistet. Das ist wichtig, weil bestimmte Merkmale - z.B. Alter oder Unterform der Krebserkrankung - einen Einfluss auf die Studienergebnisse haben können.
Verblindung
Bereits das Wissen darum, eine vermeintlich wirksamere oder weniger wirksame Therapie zu erhalten, kann zu einer messbaren Verbesserung oder Verschlechterung der Krankheitszeichen führen. Hierdurch können die Ergebnisse verfälscht werden. In verblindeten Studien erfahren die Patienten daher nicht, ob sie das Medikament oder ein Placebo erhalten. In Doppelblind-Studien wissen sowohl der Prüfarzt als auch der Patient nicht, welche Behandlung der teilnehmende Patient erhält. Sollte es im Verlauf der Therapie erforderlich sein, kann die Verblindung aufgehoben werden.