Institut
Das 1938 nach seinem Gründer benannte Karl-Sudhoff-Institut ist das älteste medizinhistorische Institut der Welt, und seine beiden ersten Direktoren haben der heutigen professionellen Medizingeschichte den Weg gewiesen. Die Witwe des Wiener Medizinhistorikers Theodor Puschmann (1844-1899), Marie Caroline Cäcilie Puschmann (1845-1901), vermachte der Universität Leipzig testamentarisch ein nicht unerhebliches Stiftungskapital zur Förderung medizinhistorischer Forschung, das nach längerem Rechtsstreit mit den Erben schließlich 1904 zur Verfügung stand.
1905 wurde der als Arzt in freier Praxis tätige Sanitätsrat Karl Sudhoff (1853-1938), bereits durch vielfältige einschlägige Arbeiten ausgewiesen und seit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften im Jahr 1901 deren Vorsitzender, zunächst als Extraordinarius für Geschichte der Medizin berufen. Am 01.04.1906 wurde das Institut in der Talstraße 35 eröffnet. Die Aufwertung des Faches zum regulären Ordinariat erfolgte allerdings erst im März 1919.
Sudhoffs Interessen waren weit gespannt und schlossen die Begeisterung für das historische Objekt ein; er legte folgerichtig eine medizinhistorische Sammlung an, die den Grundstock der heute am Institut verfügbaren Bestände bildete.
Ein Schwerpunkt seiner Handschriftenstudien war die Erschließung mittelalterlicher medizinischer Texte. Außerdem erarbeitete Sudhoff eine bis heute unübertroffene Paracelsus-Ausgabe.
Unter Sudhoffs 1925 berufenem Nachfolger Henry Ernest Sigerist (1891-1957) gelangte das Institut zu einer ausgesprochenen Blüte. Die Veranstaltungen waren dank der faszinierenden Persönlichkeit Sigerists gut besucht, und das Fach etablierte sich als integrierendes, reflektierendes und fächerübergreifendes Element in der Fakultät. In seinen Forschungsansätzen betonte Sigerist die geisteswissenschaftlichen Grundlagen der Medizin sowie deren kulturellen und soziologischen Kontext. Leider veranlassten die politischen Entwicklungen 1932 Sigerist, einen Ruf an die Johns-Hopkins-University nach Baltimore anzunehmen.
In den nicht leichten Jahren bis 1950 wurde das Institut von Walter von Brunn (1876-1952) geleitet. Ihm folgten als Direktoren:
Felix Boenheim (1890-1960) | 1950-1957 |
Gerhard Harig (1899-1966) | 1957-1966 |
Stanislaw Schwann (1912-1982) | 1969-1977 |
Hans Wußing (1927-2011)
| 1977-1982 (bereits 1966-1969 kommissarisch) |
Achim Thom (1935-2010) | 1982-1996 |
Ortrun Riha | seit 1996 |
Dem Wissenschaftsverständnis seines Gründers folgend, wird traditionellerweise am Karl-Sudhoff-Institut außer der Geschichte der Medizin auch die Geschichte der Naturwissenschaften und der Mathematik betrieben; die Leitung wechselte dementsprechend zwischen den verschiedenen Richtungen.
Bibliothek
Karl Sudhoff betrieb zeitgleich mit der Gründung des Institutes 1906 aus Stiftungsmitteln den Aufbau einer Institutsbibliothek.
1994 wurde diese Institutsbibliothek der Zentralbibliothek Medizin der Universitätsbibliothek Leipzig zugeordnet. Die Sammelschwerpunkte der Zweigbibliothek umfassten die Gebiete: Medizingeschichte, Allgemeine Wissenschaftsgeschichte, Naturwissenschaftsgeschichte, Kulturgeschichte und Ethik.
Seit dem 1. September 2018 besteht die Zweigbibliothek Karl-Sudhoff-Institut als solche nicht mehr. Im Wesentlichen befinden sich die älteren Bestände (Erscheinungsjahre bis 1937) in der Bibliotheca Albertina und die neueren Titel in der Zentralbibliothek Medizin (ab Oktober 2018: Bibliothek Medizin/Naturwissenschaften) in der Liebigstraße, Haus D.
Die jeweiligen Standorte sind im Katalog der Universitätsbibliothek Leipzig unter ub.uni-leipzig.de recherchierbar.