Sie sind hier: Skip Navigation LinksSelbstständige Ambulanz für sexualtherapeutische Prävention und forensisch-psychiatrische Forschung

Hintergrund

​In sexualwissenschaftlichen Untersuchungen im In- und Ausland gaben zwischen 3 und 9 Prozent der befragten Männer auf Kinder und / oder Jugendliche ausgerichtete sexuelle Fantasien an. Dies gibt Anlass zur Vermutung, dass bei diesen Männern eine teilweise oder ausschließliche sexuelle Neigung im Sinne einer Pädophilie und / oder Hebephilie vorliegt.

Die Ursachen hierfür sind weitgehend unbekannt. Die betroffenen Personen - meist sind es Männer - können unter einer so genannten Pädophilie oder Hebephilie sehr leiden. Die therapeutische Erfahrung zeigt hierbei, dass es vielen Betroffenen schwer fällt, mit dieser Neigung und den damit verbundenen sexuellen Fantasien umzugehen.

Menschen mit einem sexuellen Interesse an Kindern oder Jugendlichen begehen nicht zwangsläufig sexuelle Übergriffe oder nutzen entsprechende Abbildungen, die einen sexuellen Missbrauch darstellen (sogenannte Kinderpornografie). Daher müssen die Begriffe Pädophilie / Hebephilie und sexueller Kindesmissbrauch unterschieden werden. Während die strafrechtliche Bezeichnung sexueller Kindesmissbrauch ausschließlich sexuelle Handlungen mit Kindern beschreibt, wird unter Pädophilie / Hebephilie eine sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen bzw. jugendlichen Körper verstanden.

Ein großer Anteil der sexuellen Übergriffe an Kindern und Jugendlichen findet im so genannten Dunkelfeld statt. Darunter werden Straftaten verstanden, die nicht polizeibekannt sind und somit nicht von der Kriminalstatistik erfasst werden. Schätzungen zufolge liegt der Anteil von Sexualdelikten im Dunkelfeld um ein Fünffaches höher als der Anteil justizbekannter Taten, die als so genanntes Hellfeld bezeichnet werden. Zwar ist der Anteil von Kinderpornografiedelikten an allen Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Hellfeld nach wie vor gering, dennoch verzeichnen die polizeilichen Kriminalstatistiken einen deutlichen Anstieg für diese Gruppe von Straftaten. Es muss auch hier davon ausgegangen werden, dass die Nutzung von Missbrauchsabbildungen im Internet (so genannte Kinderpornografie) überwiegend im Dunkelfeld stattfindet.

Sexuelle Präferenz

​Menschen unterscheiden sich voneinander hinsichtlich ihrer sexuellen Wünsche und Vorlieben. Wissenschaftlich werden diese Vorlieben als sexuelle Präferenz bezeichnet. Dabei wird differenziert:

  1. welches Geschlecht (männlich, weiblich oder männlich und weiblich) ein begehrter Sexualpartner haben soll,
  2. welches körperliche Entwicklungsstadium (kindlich, jugendlich, erwachsen) der begehrte Sexualpartner haben soll,
  3. wie mit dem begehrten Sexualpartner idealerweise Sexualität gelebt werden soll, das heisst welche sexuellen Praktiken als besonders erregend erlebt werden.

Die sexuelle Präferenz entwickelt sich vermutlich unter Einfluss der Geschlechtshormone und weiterer biopsychosozialer Faktoren im Laufe der Pubertät. Menschen entscheiden sich nicht bewusst für oder gegen eine sexuelle Präferenz. Diese ist vielmehr ein Entwicklungsprozess, der sich für das Individuum in einem schrittweisen Erkennen und Wahrnehmen dessen zeigt, was als sexuell ansprechend / erregend empfunden wird. Der Verlauf dieser Entwicklung ist dabei wissenschaftlich noch weitgehend ungeklärt.

Pädophilie und Hebephilie

​Personen mit einer Pädophilie fühlen sich sexuell von Kindern mit einem vorpubertären Körper (z.B. keine Scham- und / oder Achselhaare, kleine Scheide, kleiner Penis, keine oder minimale Brustansätze) angesprochen, die im Allgemeinen nicht älter als 11 Jahre alt sind. Von den Betroffenen können Jungen- und / oder Mädchenkörper als sexuell erregend empfunden werden.

Personen mit einer Hebephilie fühlen sich sexuell von Kindern und Jugendlichen angesprochen, deren körperliche Entwicklung bereits Merkmale der Pubertät aufweist (z.B. wenig Scham- und / oder Achselhaare, leicht entwickelte Scheide, leicht entwickelter Penis, entwickelte Brustansätze).

Folgende Selbstbeobachtungen geben Anlass zur Vermutung, dass eine Pädophilie / Hebephilie vorliegt:

  • sexuelle Erregung beim Betrachten oder beim Kontakt zu Kindern / Jugendlichen
  • sexuell erregende Fantasien, in denen Kinder / Jugendliche eine Rolle spielen
  • Konsum von entsprechenden Missbrauchsabbildungen im Internet

Mit Blick auf konkrete sexuelle Verhaltensweisen gelingt es einem großen Teil der betroffenen Personen, ihre sexuellen Impulse lebenslang auf der Fantasieebene zu belassen. Daher sind die Begriffe Pädophilie und Hebephilie nicht mit sexuellem Kindesmissbrauch oder sexueller Ausbeutung durch den Konsum von Missbrauchsabbildungen gleichzusetzen.

Dennoch muss bedacht werden, dass ein sexuelles Verlangen nach Kindern und / oder Jugendlichen einem sexuellen Missbrauch vorausgehen kann. Insofern ist es wichtig, dass Betroffene zum Schutze von Kindern und Jugendlichen sowie vor sich selbst über eine sehr gute Verhaltenskontrolle verfügen.

Sexueller Kindesmissbrauch

​Im strafrechtlichen Sinn ist sexueller Kindesmissbrauch eine „Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung". Sexuelle Handlungen an oder mit Kindern sind immer strafbar - auch dann, wenn sich das betroffene Kind (juristisch: eine Person unter 14 Jahren) scheinbar einverstanden gezeigt hat. Eine solche Einwilligung wäre nämlich deshalb bedeutungslos, weil ein Kind aufgrund seines Entwicklungsstandes einer solchen Handlung nicht verantwortlich zustimmen kann. Strafmündigkeit ist vom Gesetzgeber daher auch erst ab dem Alter von 14 Jahren vorgesehen.

Zu missbräuchlichem Verhalten zählen sowohl direkte sexuelle Kontakte mit den Genitalien des Kindes, als auch Handlungen, die das Kind zwingen, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Herstellung von Missbrauchsabbildungen. Sexuelle Handlungen mit Minderjährigen sind insbesondere dann strafbar, wenn bestimmte Umstände hinzukommen: falls der Täter eine Zwangslage oder ein Schutz- und Obhutsverhältnis ausnutzt oder wenn das Opfer - etwa aufgrund einer Behinderung - widerstandsunfähig ist bzw. eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung vorliegt.

Missbrauchsabbildungen

​Missbrauchsabbildungen werden häufig verharmlosend als Kinderpornografie bezeichnet. Das Internet hat deren Verbreitung erheblich vereinfacht. Dabei sind einmal in Umlauf gebrachte Medien praktisch nicht wieder aus dem Netz zu entfernen. Missbrauchsabbildungen und erotisierte Darstellungen von Kindern / Jugendlichen stellen somit für die Dargestellten eine lebenslange Konfrontation mit dem durchlebten Missbrauch dar.

Missbrauchsabbildungen wirken erregend auf Menschen, die sexuell ansprechbar für präpubertäre Kinder (Pädophilie) oder pubertierende Kinder (Hebephilie) sind. Insbesondere für solche Personen besteht ein hohes Risiko, kinderpornografische Materialien zu nutzen und auf diese Weise die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu unterstützen.

Die Erfahrungen aus der Selbstständigen Ambulanz zeigen, dass viele Menschen mit einer pädophilen oder hebephilen Neigung unter ihrem sexuellen Interesse an Minderjährigen leiden und Hilfe suchen. Darüber hinaus bestätigt sich, dass eine große Gruppe der Hilfesuchenden bereits Missbrauchsabbildungen nutzte (Dunkelfeld-Nutzer) oder Angst hat, diese zukünftig zu nutzen (potenzielle Nutzer). Viele der Nutzer haben Angehörige, die von deren Konsum kinderpornografischer Materialien wissen und unter diesem Wissen ebenfalls leiden.

Die Lücke

​Das gesellschaftliche Engagement richtet sich nahezu ausschließlich auf die Bestrafung und den therapeutischen Umgang mit Personen, die aufgrund einer Sexualstraftat bereits verurteilt wurden. Da die Taten justizbekannt sind, werden sie als Taten im Hellfeld bezeichnet.

Bisherige Maßnahmen zur Vorbeugung sexueller Übergriffe auf Kinder bestehen im Wesentlichen aus vorbeugenden pädagogischen Kampagnen und Maßnahmen für potenzielle Opfer (Kinder), Erzieher und Eltern. Wissenschaftlich fundierte Konzepte zu vorbeugenden Therapiemöglichkeiten für potenzielle Täter fehlen bis dato weitgehend.

Ziel muss es deshalb sein, zusätzlich therapeutische Präventionsmaßnahmen für Personen mit einem Risiko für zukünftige sexuelle Übergriffe zu etablieren, die im Dunkelfeld greifen und somit wirksam werden, bevor es zu sexuellen Übergriffen kommt. Das gilt auch für die Nutzung von Missbrauchsabbildungen im Internet.

Genau hier setzt die Selbstständige Ambulanz an und bietet Menschen, die eine sexuelle Erregbarkeit durch Kinder oder Jugendliche verspüren und / oder Missbrauchsabbildungen konsumieren und aus diesem Grund therapeutische Hilfe suchen, eine kostenlose Behandlung unter Schweigepflicht an.

Ansatz für eine Therapie

​Der klinischen Erfahrung nach verfügen viele der betroffenen Menschen über ein Problembewusstsein bezüglich ihrer sexuellen Impulse und suchen aus diesem Grund von sich aus therapeutische Hilfe. Oftmals fehlt es jedoch an qualifizierten Angeboten, da es nur wenige qualifizierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gibt. Eine Therapie, wie sie von den Netzwerkpartnern angeboten wird, will durch Prävention den direkten sexuellen Missbrauch an Kindern sowie den Konsum von Missbrauchsabbildungen verhindern.

Aus dem Präventionsansatz für das Dunkelfeld ergeben sich zwei Ziele:

  • therapeutische Prävention, wenn Betroffene befürchten, einen sexuellen Übergriff gegenüber Kindern / Jugendlichen zu begehen bzw. sich zu Kinderpornografie hingezogen fühlen (primäre Prävention)
  • therapeutische Interventionen bei bereits im Dunkelfeld begangenen sexuellen Übergriffen bzw. bestehender Nutzung von Missbrauchsabbildungen (sekundäre Prävention)
Präventionsprojekt Dunkelfeld, Kein Täter werden.
04103 Leipzig
Telefon:
0341 - 97 23958
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