Es rattert, es dröhnt, es klopft und hämmert. Das menschliche Gehör ist dem Lärm des Alltags 24 Stunden am Tag ausgesetzt – gerade in einer Großstadt. Zum Internationalen Tag gegen den Lärm am Mittwoch, 27. April, rät Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) des UKL: "Gönnen Sie Ihren Ohren eine Pause."
"So geht leise" lautet das Motto in diesem Jahr. Doch wie "geht" leise denn? "Einfach mal vor dem Lärm flüchten, das Radio oder den Fernseher ausschalten, einen Waldspaziergang machen", schlägt Prof. Fuchs vor. Schon 15 Minuten Stille täten dem Ohr gut, weiß der Experte. Denn eines würden gerade junge Menschen sehr schnell vergessen: Sind Zellen im Cortischen Organ im Innenohr, dem eigentlichen Sinnesorgan, durch zu hohe Lärmbelastung zerstört, sind sie verloren. Sie wachsen nicht mehr nach, die Schäden am Gehör sind irreversibel, unumkehrbar.
Aus ärztlicher Sicht gibt es zwei Arten von Lärm, und die Trennung zwischen beiden liegt bei einem Schalldruckpegel von 85 Dezibel (dB). Unter 85 dB entstehe zwar keine Hörschädigung, erläutert Prof. Fuchs, aber auch dieser Lärm kann auf lange Sicht krank machen. Es ist der Lärm, der nervt: Fluglärm, Straßenlärm, Dauerbaustellen. Die Folgen seien nicht zu unterschätzen. Fuchs nennte beispielsweise Bluthochdruck oder Schlafstörungen: "Unser Gehör ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Wir können es nicht schließen wie die Augen. Lärm wirkt auch im Schlaf ein, und unser Körper produziert selbst dann Stresshormone. Das ist eine so genannte archaische Reaktion des Körpers."
Viel problematischer sei allerdings hörschädigender Lärm bei Pegeln über 85 dB. Wer solchem Lärm zum Beispiel über Jahre bei der Arbeit ausgesetzt sei, so Prof. Fuchs, bei dem steige die Wahrscheinlichkeit einer Lärmschwerhörigkeit stark an. Menschen, die darunter litten, hörten nicht nur schlechter, erläutert er, sie verstünden auch Sprache schlechter, was letztendlich zu einer gesellschaftlichen Isolierung führen könne. Hier kommt für ihn eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsmedizin ins Spiel. Je besser Arbeitsmediziner über die neuesten Therapiemöglichkeiten Bescheid wüssten, desto mehr und bessere Prophylaxe sei möglich.
Doch hat das Gehör nicht nur mit Lärm zu tun, gegen den es sich nicht wehren kann. Fuchs: "Hinzu kommt noch jener Freizeitlärm, den wir lieben, also laute Musik in Diskotheken oder über Kopfhörer."
Deshalb haben für ihn Prophylaxe und auch regelmäßige Aufklärung zum Beispiel an Schulen hohe Bedeutung: "Jugendlichen muss klar gemacht werden, was Lärmschwerhörigkeit bedeutet. Wir als Ärzte und Pädagogen müssen die Menschen für das Thema Schutz des Gehörs sensibilisieren. Damit muss man immer wieder neu beginnen."